DER ALP-TRAUM
 
Ich bin ein Mädchen, scheu und zart,
fürcht’ mich vor grober Männer Art;
die netten Männer sind so rar -;
all überall seh’ ich Gefahr.

Mein Pfarrer hat mich früh gewarnt,
dass nie ein Mann mich je umgarnt:
„Bleib' Du allein Herrn Jesu Braut,
der Dich stets liebevoll beschaut.“


Ich kleide mich schon wie ein Junge,
immer steh’ ich auf dem Sprunge,
damit kein Rüpel mich entdeckt
und seine Hände nach mir streckt.

Schon zieh’ ich meistens Hosen an,
dass niemand Beine sehen kann,
bind' auch meinen Busen weg,
trag' offen keinen Frauenspeck.

Ich laufe wie ein Bursch’ so plump,
erkenn’ in jedem Mann den Lump,
denn alle woll’n doch nur das Eine,
aber ich bleib’ lieber reine !

So bin am Tag ich zwar geschützt,
weil mir ja die Verkleidung nützt,
doch in den Nächten bin ich nackt,
wenn die alte Angst mich packt.

Ich wälz’ mich dann im Bett umher,
bedenke den Geschlechtsverkehr,
der für Frauen furchtbar ist,
sie werden dabei aufgespießt.

Endlich schlaf’ ich schluchzend ein,
jedwede Nacht die gleiche Pein,
ein grauenhafter, arger Traum:
Ich lieg' entblößt im Folterraum.

Frei bin ich jenen preisgegeben,
die all’ an meinem Körper kleben,
mich umtasten und befingern,
mit diesen ekelhaften Dingern.

Schweißgebadet werd’ ich wach,
mich verschont kein Ungemach -;
die Hoffnung nur ist mir geblieben,
bis hin zum Tode nie zu lieben !
 
PS: Albtraum der Menschheit ist dieser Chistianismus, der die Sexualität ("Wollust") zur "Todsünde" erklärte !