WEIBLICHER LUST-GEIST

Ich bin der Geist der brünst’gen Lust,
ich fahre in die Weiberbrust,
mach’ mir der Weiber Wunsch zu Willen,
und lass’ mir meine Triebe stillen.

Ich liege immer auf der Lauer,
mein Leben ist von ewiger Dauer -,
ich find’ die Greisin wie das Kind,
ein jede ist mir wohlgesinnt.

Zuweilen hab’ ich auch zu ringen,
muss dummen Unlustgeist bezwingen,
der auch die Weiber gern belästigt,
sogar mitunter sich verfestigt.

Das ist mir dann ein hartes Kämpfen,
Weiber liegen schwer in Krämpfen,
werden fürchterlich zerbissen,
von einem schlechten Ding: Gewissen.

Dies’ sitzt dort irgendwo im Kopf,
ist fast so übel wie ein Kropf -;
es hindert an der Lust die Freude,
ist nur wie Schimmel im Gebäude.

In schlimmster Feindschaft aber doch,
steh’ ich seit jeher immer noch,
mit weiblich blödem Schameswahn,
obwohl der schmeckt wie Lebertran.

Der Frauen falsches Über-Ich -
so ungesund wie Gammel-Fisch -
bestimmt sie, sich der Lust zu schämen,
sich unbefriedigt meist zu grämen.

D’rum ruf’ ich schlauen Frauen zu:
„Lasst doch das unehrlich’ Getu’ -,
die Lust, die Lust und nur die Lust,

beschützt vor Selbstbetrug und Frust !