10.01.2022
 
Joseph Lanner - Hexen-Tänze >>
 
Der Wiener Joseph Lanner (1801-1843) war ein Komponist, Violinist und Musikdirektor. Er gilt neben Johann Strauss (Vater) als derjenige, der die Popularität des Wiener Walzers entscheidend voranbrachte.
 
HEXENTÄNZE
 
Mondlicht durch die Föhren streicht,
Frau Lunas Milch die Blätter bleicht,
da tropfen mit, zur die Erde nieder,
unhörbar leis‘ die Hexen-Lieder.
 
Und jedes Hexlein das dies‘ hört
fühlt sich von Mondes Milch betört,
ihr fährt ein Fieber in die Beine,
gelockt vom Tanz im Mondenscheine.
 
Vielhundert Schwestern tanzen mit,
nach ihrer Hexen-Ahnen Sitt‘,
aus uralt-freiem Hexen-Brauch,
der Weiberzunft von Loh und Lauch.
 
Heilrätinnen hieß man Hexen einst,
Frau Freijas Frauen, reinst und feinst.
Sie hielten Hof in Hütt' und Hag,
der Frei-Tag war ihr Ehrentag.
 
Heilzauber war ihr Weistumsgut,
mit Lein und Lauch und Glaubensmut.
Zum Hexentum der Niedertracht,
hat erst die Kirche sie gemacht.
 
Wer hinter deren Masken schaut,
erkennt die wahre Teufels-Braut -,
die Frauen foltern und brennen ließ,
verschmachten ließ im Turm-Verlies.
 
Und doch stirbt nie das Heidentum,
zu Mütterglaubens ewigem Ruhm.
In jedem Weib, bis heutiger Zeit,
bleibt Hexenheiltums-Kraft bereit.
 
Denn Friedensheil aus Liebesbrunst,
heilt durch der Frauen Hexenkunst.
Ewiglich jung, zu Liebes-Lenzen,
frohlockt die Erd‘ in Hexen-Tänzen.