„Das Vermächtnis, oder die Herde ohne Hirten“
Während der Revolution 1848 floh die gesamte hohe Geistlichkeit und ein Großteil des Welt- und Ordensklerus feige aus Wien, was die Wiener Weiber heftig beweinten.
 
ERGÄNZUNGEN
 
Die Dummen und die Schlauen,
die Pfaffen und die Frauen,
die Schäfchen und die Füchse,
die Luft in leerer Büchse.
 
Das passt gut zueinander,
wie Sumpf und Salamander,
wie Papst und Plappageien,
Legaten und Lakaien.
 
Katholen und Lakritze,
Weihbischofs faule Witze -,
der Bibel-Kreis von Betti Kraus,
im rabenschwarzen Pfaffenhaus.
 
Wie Dinge sich ergänzen,
die Dummheit ohne Grenzen,
weil sie sich nie begrenzen lässt,
feiert die Welt ihr Siegesfest.
 
Drum löst zu Kirchen-Tagen
kein Pfaff' die Bibel-Fragen,
weil die Borniertheit sich ergänzt
da sie im frommen Nimbus glänzt.
 
 
Johann Christoph Friedrich Haug (1761 - 1829):
Schlaue Wahl. - 1807
 
 
Klug hat Levin Theologie
Und nicht die Schauspielkunst ergriffen -
Denn auf der Kanzel wird man nie,
Wie auf Theatern, ausgepfiffen.
 
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Wilhelm Busch (1832 - 1908):
In: Kritik des Herzens, 1874
 
Wie schad, Dass ich kein Pfaffe bin.
Das wäre so mein Fach.
Ich bummelte durchs Leben hin
Und dächt' nicht weiter nach.

 
Mich plagte nicht des Grübelns Qual,
Der dumme Seelenzwist,
Ich wüsste ein für allemal,
Was an der Sache ist.

 
Und weil mich denn kein Teufel stört,
So schlief ich recht gesund,
Wär wohlgenährt und hochverehrt
Und würde kugelrund.

 
Käm dann die böse Fastenzeit,
So wär ich fest dabei,
Bis ich mich elend abkasteit
Mit Lachs und Hühnerei.

 
Und dich, du süßes Mägdelein,
Das gern zur Beichte geht,
Dich nähm ich dann so ganz allein
Gehörig ins Gebet.
 
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Adolf Glaßbrenner (1810 - 1876):
Kaspar, der Mensch, Auszug. -- 1850
 
Und endlich erkannte ich, dass die Pfaffen
Uns das Schönste als Sünde verblaffen;
Dass die Herren Theologen logen,
Uns um den Himmel diesseits betrogen,
Und dafür alten Vettern und Basen
Mit etlichen Phrasen und Paraphrasen
Einen jenseitigen zusammenblasen.
 
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Georg Herwegh (1817-1875):
Dauer im Wechsel (In: Lieder eines Lebendigen, 1843)
 
Da ist nichts unten, ist nichts oben,
Die Pfaffen haben es längst verschoben,
Mit Augenverdrehn, mit Phrasenschwalle -
Krummmacher sind und bleiben sie alle !
 
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Anastasius Grün (1808-1876):
Priester und Pfaffen. -- 1831
 
Stoß ins Horn, Herold des Krieges: Zu den Waffen, zu den Waffen !
Kampf und Krieg der argen Horde heuchlerischer dummer Pfaffen !
Aber Friede, Gottesfriede, mit der frommen Priesterschar,
Frieden ihrem Segensamte, Ehrfurcht ihrem Weihaltar !

 
Priester sind's, die's bittre Sterben uns mit Wundertrost versüßen,
Pfaffen sind's, die's süße Leben bitter uns zu machen wissen;
Priesterherz, o See voll Klarheit, der den Himmel spiegelnd hält,
Pfaffenseele, ekle Pfütze, füllend dich vom Kot der Welt !

 
Priester gleicht der treuen Dogge, die uns Haus und Hof beschützte,
Pfaff' ist Fuchs, der Nachts die Hühner aus dem Stall uns wegstibitzte;
Priester ist ein Markuslöwe, der das Evangelium wahrt,
Pfaff' ist eine Tigerkatze, jener Gattung schlecht're Art. -

 
Priester! — hui, du kräft'ge Zeder, frei das Haupt zum Himmel kehrend !
Pfaffe! pfui, du üppig Schlingkraut, frech von fremdem Marke zehrend !
Religion! — der Priester huldigt weihevoll dem Götterweib !
Doch der Pfaff' umschlingt im Taumel einer Gassendirne Leib !

 
Einst von Gott erbaten Priester wohl die Sonne für die Erde,
Dass der Tag, der schöne helle, schöner noch und heller werde;
Doch des Monds, der Stern' Erlöschen flehten Pfaffen stets herbei,
Dass die Nacht, die schwarze finstre, schwärzer noch und finstrer sei !

 
Disteln wuchern auch in Östreich, wie ein jedes Land sie brütet,
Reben blüh'n und glüh'n in Östreich, wie nicht jedes Land sie bietet;
Bombardiert mit Distelköpfen frisch die Pfaffen aus dem Land !
Nehmt ein Glas des besten Weines auf der Priester Wohl zur Hand !
 
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Alfred Meißner (1822 - 1885):
Aus: Ziska. - 1846
 
Spricht der Mönch: In diesem Doppelbilde
O erkennt es, wie die Klerisei
Vom Gesetz der Demut und der Milde
Abgefallen bis zur Tyrannei,
Die von Not und Tränen unerschüttert,
Sich vom Wahn der gläubgen Armut füttert !
Armer Hirte, der du bitter darben
Musst auf deinem Feld bei reichen Hürden,
Armer Bauer, mit der Hand voll Narben,
Der du hungern musst bei deinen Garben,
Fast erdrückt von deines Frones Bürden,
O begriffest du es doch einmal,
Dass der Pfaffe schuld an deiner Qual !
Du bist arm, doch arm durch dein Verschulden;
Weil du glaubst dem Wort voll bitterm Spott,
Dass der Mensch auf Erden ist zum Dulden
Und dass alle Herrschaft kommt von Gott.
Wenn das Herz dir in Erbittrung schlägt,
Dass dein Nacken noch am Joche trägt,
Dass ein Mensch dich jaget, wie ein Wild,
Dich, den Menschen, Gottes Ebenbild —
Wenn dein Arm schon aufzuckt, dreinzuschlagen,
Spricht der Pfaff: Dein Heil ist im Entsagen.
Und er höhnet dich mit seinem bleichen
Märchen vom Vergelt in Himmelsreichen !
Glaubet! der dort auf der Eslin Füllen
Mit der Hand voll Segen und Erbarmen,
Er, der nicht verschmäht solch dürftge Hüllen,
Um sein Wort zu predigen den Armen —
Kennt nicht jene, die in Gold und Seide
Aus dem goldbeschlagnen Messbuch beten,
Ungehorsam dem geschwornen Eide,
Nur den reichen Mann bei Gott vertreten.
Wie auch ihre Scheiterhaufen lodern,
Ihre Glocken laut zur Messe fordern,
Lauter als ihr Erz und Feuer spricht
Gott der Herr: Die Argen kenn ich nicht.
Anathem singt ihrer Glocken Schall.
In ihr Messlied dröhnt der Lärm der Fesseln,
Schaudernd sieht das Auge überall
Blut, nur Blut in ihren Weihekesseln !
Voll von Sünd und Unzucht ist ihr Herz,
Ohne Mitgefühl für euern Schmerz,
Und ihr könnt es glauben, dass sie führen
Schlüssel Gottes zu des Himmels Türen ?
Ja, der Pfaff, der Gleisner von Gebärden,
Der euch immerfort zum Himmel weiset
Und die Tugend in der Knechtschaft preiset,
Ist des Teufels Mastschwein hier auf Erden !
Eine Höllentochter, eine Furie,
Die das Völkerrecht in Ketten schlägt,
Geisterknechtschaft auf die Erde trägt,
Ist das, was man nennt: die heilge Kurie.
 
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Karl Immermann (1796-1840): Glockentöne.
In: Xenien.  1827
 
Seht den dicken Pastor, dorten unter seiner Tür im Staate,
Läutet mit Glocken, dass man ihn verehr in dem Ornate.
Und es kamen, ihn zu schauen, flugs die Blinden und die Lahmen,
Engebrust und Krampf, besonders Hysteriegeplagte Damen.
Weiße Salbe weder heilet, noch verschlimmert irgend Schäden,
Weiße Salbe findest jetzo du in allen Bücherläden.
Geht's so fort, und lässt sich jeder Pfaffe ferner adorieren,
Werd ich in den Schoß der Kirche ehebaldigst retournieren.
Dort gehorch ich einem Papste, und verehr ein praesens Numen,
Aber hier macht sich zum numen jeglich ordiniertes lumen.
 
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Anonym. -- Würzburg. -- 1399
 
Der Pfaffen wollen wir sein entladen,
Denn die Mönch und Pfaffen
Haben ja sonst nichts zu schaffen
Als mit Weibern.
Wir wollen sie aus den Klöstern treiben
Und daraus nehmen all ihr Gut,
So wollen wir werden wohlgemut.
 
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Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832).
 In: Venetianische Epigramme. -- 1791
 
Wie sie klingeln, die Pfaffen ! Wie angelegen sie's machen,
Dass man komme, nur ja plappre, wie gestern so heut !
Scheltet mir nicht die Pfaffen: sie kennen des Menschen Bedürfnis !
Denn wie ist er beglückt, plappert er morgen wie heut !
 
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Johann Friedrich Jünger:
Reflexion. -- 1797
 
 
„Zu eurer Mädchen Schlafgemach
Geht durch die Kirche nur der Weg !“, so sprach
Der Pastor Hildebrand;
Allein er schlich des Junkers Köchin nach,
Bis, umgekehrt, er durch ihr Schlafgemach
Den Weg zur Kirche fand.
 
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874):
Der leibhaftige Teufel
Melodie: Es wohnt ein Müller an jenem Teich 
 
|:Der Teufel aus der Hölle schlich,:|
Er hat als Pfaffe — hudl dudl hu hu hu !
Er hat als Pfaffe verkleidet sich.
|:Er geht nun unter uns herum,:|
Und will uns machen — hudl dudl hu hu hu !
Und will uns machen taub und dumm.
|:Er weiß, aus Dummheit nur allein:|
Muss alle Welt — hudl dudl hu hu hu !
Muss alle Welt des Teufels sein.
|:Wer ihm drin hilft mit Rat und Tat,:|
Der ist sein bester — hudl dudl hu hu hu !
Der ist sein bester Kamerad.
|:Der wird gar viel in jedem Staat,:|
Regierungs-, Schul- und — hudl dudl hu hu hu!
Regierungs-, Schul- und Kirchenrat.
|:Drum auch der Teufel nicht ungern sieht,:|
Übertrifft ihn noch der — hudl dudl hu hu hu !
Übertrifft ihn noch der Jesuit.
 
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Adolf Lapp (1847 - 1906):
Der Bauer <Auszug> -- 1889
 
Der Bauer, ja dem Bauer,
Das Leben wird ihm sauer,
Dem Bauer, der das Feld
Fürs ganze Volk bestellt.
Wohl predigt der Herr Paster
Den alten Duldungsknaster,
Der Nachbar Gutsherr lacht
Bei Hypothek und Pacht.
 
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Aus: 33 Jahre währt die Knechtschaft schon.
Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, 1900
 

Reißt die Konkubine
Aus des Fürsten Bett !
Schmiert die Guillotine
Mit der Pfaffen Fett !
Varianten:
An den Darm der Pfaffen
Hängt den Edelmann,
Lasst ihn dran erschlaffen
Bis er nimmer kann !
Wenn in Flammen stehen
Kirche, Schul und Staat,
Kasernen untergehen,
Dann blüht unsere Saat.
Drum Rache, Rache Völker,
Schwenkt das Henkerbeil,
Die Fürsten und die Pfaffen,
Die sind uns nicht zum Heil.
 
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Friedrich Hölderlin (1770-1843):
Die Ehrsucht. -- 1784/1800
 
Großer Name ! - Millionen Herzen
Lockt ins Elend der Sirenenton,
Tausend Schwächen wimmern, tausend Schmerzen
Um der Ehrsucht eitlen Flitterthron.

 
Seine schwarze, blutbefleckte Hände
Dünken dem Erobrer göttlichschön -
Schwache morden scheint ihm keine Sünde,
Und er jauchzt auf seine Trümmer hin.

 
Um wie Könige zu prahlen, schänden
Kleinre Wütriche ihr armes Land;
Und um feile Ordensbänder wenden
Räte sich das Ruder aus der Hand.

 
Pfaffen spiegeln um Apostelehre
Ihren Narren schwarze Wunder vor;
Um Mariasehre krächzen Nonnenchöre
Wahnsinn zum Marienbild empor.

 
Graue Sünder donnern, ihre Blöße
Wegzudonnern, rauh die Unschuld an;
Gott zu leugnen, hält so oft für Größe,
Hält für Größe noch so oft - ein Mann.

 
Göttin in des Buben Mund zu heißen,
Gibt das Mädchen ihren Reiz zum Sold;
Mitzurasen in Verführerkreisen,
Wird der Bube früh ein Trunkenbold.

 
Doch es sträubet sich des Jünglings Rechte,
Länger sing ich von den Toren nicht.
Wisse! schwaches, niedriges Geschlechte!
Nahe steht der Narr am Bösewicht.
 
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August Graf von Platen (1796 - 1835)
 
Wie vor einer schädlichen Schlange, so geh' aus dem Wege den Priestern !
Ihnen versagte der Gott das, was sie scheinen, zu sein.
Täuscht ein solcher sich selbst, was kann er die frommen, der Schwachkopf ?
Will er sich täuschen allein, kannst du ihn dulden, den Schelm.
 
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Schwäbisch
Mädle, wenn du dienen musst,
Diene nur bei Pfaffen;
Kannst den Lohn im Bett verdienen,
Brauchst nit viel zu schaffen !
 
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Ludwig Pfau (1821 - 1894):
 
Kirche
 
Es weht und rauscht ein uralt heil'ger Hain,
Die Kräfte steigen schaffend auf und nieder,
Die ew'gen Wasser stürzen aus dem Stein,
Und aus den Lüften tönen Frühlingslieder.
Die Blumen sprießen schön und farbenrein,
Die Wipfel breiten aus ihr Laubgefieder -
Doch immer dringt der Priester Rotte ein
Und fällt das freie Gottesleben nieder.
Sie fügen aus den Bäumen sich ein Haus
Und jagen Liebe, Lenz und Licht hinaus:
Hier muss der Gott nach ihrem Willen leben !
Dem Geist, der sich sein Wohnhaus selber schafft,
Erbauen sie die enge Kerkerschaft -
Ein Totenhaus, dem Leben Raum zu geben !