1. ODING-Rune
als Sinnbild des geheimnisvollen Anfangs
 
GEHEIMNISVERRAT ?
 
Ich weiß wohl was ich hier treibe,
wenn ich euch vom ODING raune,
wenn ich euch ein Wizzod schreibe,
dass der Heilige Geist erstaune.
 
Ich ließ Mennor Mimir reden,
der seit tausend Jahr‘n verstummte,
der vom Wahrheitskern der Veden
sprachlos aus den Quellen summte.
 
Orpheus Haupt, im Strom gebettet,
unverweslich, ward gefunden -;
alle Wahrheit scheint verkettet,
hebt sich neu aus Runen-Runden.
 
Doch sie gilt nur den Adepten,
nie den breiten, dumpfen Massen,
die den Gang von Heils-Konzepten
nur „sub Rosa“ schreiten lassen.
 
Wenn ich trotzdem offenbare
die geheimsten deutschen Lehren,
weiß ich, dass das kosmisch Wahre
Berufene ganz allein begehren.
 
Denn unglaubhaft scheint Profanen,
was ihr Denken überspannte,
und wer nimmer ehrt die Ahnen,
nie den Weg zum Tempel kannte.
Worterklärungen:
 
„Mennor“ = Mensch. Er ist nach der germ. Mythologie der erste Deutsche, er ist Sohn des erdgeborenen Tuisko (die polare bzw. androgyne Urkraft). Tacitus, in seiner „Germania“, nennt ihn „Mannus“. Von ihm/ihr stammt das gesamte Volk der Deutschen ab. Ein althochdeutscher Text lautet: „Mennor der êrste was genant, dem diutsche rede got tet bekannt.” (Grimm 1992, Deutsche Mythologie I, S. 286)
 
„Mimir“ =  Erinnerer. Er ist ein weissagendes, mythologisches Riesenwesen das die klare Weistumsquelle unter der Welten-Eibe Yggdrasil hütet. Aus der Quelle strömt ein reißender Wasserfall. Mimir trinkt jeden Morgen Met aus ihr. Selbst Wodin-Odin, der Oberste der Ahnengeister, holt sich hier Rat. Da Wodin-Odin nur aus seinem eigenen urmenschlich-göttlichen Erberinnern schöpfen kann, wird Mimir - ähnlich wie das sprechende Haupt des altgriech. Seelen-Predigers Orpheus - als die symbolische „riesenhafte“ menschliche Erfahrungssumme zu begreifen sein, also eine Emanation des Mennor-Mannus selbst.
 
Veda/Weda = Wissen / Heiliges Gesetz, Ritualkunde. Der Veda ist die Heilige Schrift der Arioinder; die Begriffe „Veda“ u. „vedisch“ werden in Indien auch im weiteren Sinne mit der Bedeutung „Wissen“ verwendet und beziehen sich nicht nur auf die Tradition der vedischen Gesänge, sondern auf das religiöse und weltliche Wissen ganz allgemein. Der Veda weist nicht wenige Gleichklänge mit der germ. Edda auf, so dass er als maßgebliches Wissenslehrbuch zu achten ist. Auch er lehrt in seinen Upanishaden die Ewigkeitsdauer der Menschenseele und die substanzielle Gleichwesigkeit von Gott und Mensch. 
 
„Orpheus = Auf diesen altgriechischen bzw. thrakischen Sänger vom ewigen Seelenleben beriefen sich die Orphiker und sahen in ihm den Urheber ihrer schriftlich und mündlich überkommenen Lehren. Unter den Sängern galt Orpheus als der Beste; er betörte Götter, Menschen und sogar Tiere, Pflanzen und Steine. Die Bäume neigten sich ihm zu, wenn er spielte, und die wilden Tiere scharten sich friedlich um ihn, und selbst die Felsen weinten angesichts seines schönen Gesangs. Ihm soll es gelungen sein seine verstorbene geliebte Ehefrau Eurydike aus dem Hades wieder den Lebenden zuzuführen, wäre ihm nicht ein Versehen passiert. Sein Mythos verkörpert die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele. Nach seinem Tod sang sein Kopf immer weiter, ein Mythenzug der wohl auch auf die Unvergänglichkeit orphischer Lehren hinweisen sollte. 
 
„Sub Rosa“ = lat. „unter der Rose“. Das Wort hat die Bedeutung „unter dem Siegel  der Verschwiegenheit. Im Mittelniederdeutschen: „onder de roose“; bei Sebastian Brandt (1494): „under der rosen“. Die mythologische Erklärung wären die mit Hagrosen zum Schutz umzäunten Tempel- und Weihebezirke der alten Religion. Und die Rose als Geschenk der Aphrodite/Venus/Isis an Harpokrates-Horos, als Mahnung, über die Händel der Liebesgöttin Schweigen zu bewahren, denn die Rose ist auch Sinnbild der weiblichen Scham.