Einführung in die runische Real-Esoterik des ODiNG-Wizzod
 
Runen sind archetypische Sinnzeichen des mittel- und nordeuropäischen Kulturkreises, die jedoch als ausgeklügeltes kalendarisches Symbolsystem und heilige Botschaft erst aus dem letzten Jahrhundert vor der Zeitwende herstammen. In der Steinzeit gebrauchte man bereits einzelne solcher Chiffren; erst unsere germanischen Vorfahren nutzten die Runen bis ins Hochmittelalter als (profane) Schriftzeichen, hauptsächlich aber als kosmische Symbole für kultisch-mythische Anwendungen.
 
Die lange Nutzungsdauer dieses harmonischen Sinnzeichenverbandes über etwas mehr als 1000 Jahre hinweg sowie die weiträumige Verbreitung der Runen führte dazu, dass sich im Laufe der Zeit einige Abarten bei Laut, Form und Anzahl gebildet haben. Der Entschlüsseler des Systems und Wiederentdecker der Runenbotschaft, Gerhard Heß, erkannte 1982, dass allein im Runen-Urverband der 24 Zeichen eine in sich runde, stimmige Botschaft verschlüsselt liegt. Sämtliche Runenreihen jüngeren Datums sind ohne inhaltlichen Belang.

Ob es die heute von heidnischen Enthusiasten so gern beschworene germanische Glaubens- und Dogmenfreiheit je gegeben hat, ist zweifelhaft - dafür fehlen jegliche Nachweise. Fest steht aber, dass es keinem Schöpfer möglich ist, nach mehr als einem einzigen Bauplan vorzugehen ! Also musste nach jener Leitidee des Runenstrukturprinzips gesucht werden. Schon Wilhelm Grimm sagte in seinem Buch „Über deutsche Runen“ (1821, S. 124), eine eigentümliche alte Ordnung habe die ältesten Runen zusammengestellt, jedoch sei deren Ursache noch nicht entdeckt. Ganz richtig vermutete er die Gemeinschaft sittlicher und religiöser Anschauungen, da eine unvergängliche Idee die Grundlage sein müsse. - Die Lösung fand sich im sakralkalendarischen Baugedanken. So wie es in der Mathematik zwar viele Lösungswege, aber nur ein Resultat geben kann, ebenso wird neben Heß' arbeitsmethodisch vernünftig bewiesenem Ergebnis kein anderslautendes zweites auffindbar sein. In dieser Feststellung drückt sich keine Vermessenheit aus, vielmehr entspricht sie einfachen menschlichen Denkgesetzen.

Die Ur-Runenreihe besteht aus dem Verband von 24 Stäben bzw. Buchstaben, welche linksläufig (von rechts nach links, wie alle archaischen Schriften) gelesen werden muss. Nach ihrer Anfangslautfolge wird sie O-D-iNG genannt, so wie unser lateinisches Alphabet nach seinen ersten Buchstaben A-B-C heißt. Verteilt man die Zeichen zirkelförmig so auf die 24 Hauptstände des Mond-Sonnenjahres (12 Neu- und 12 Vollmondphasen), dass die erste Rune auf dem Neumond nahe der Wintersonnenwende liegt, dann offenbart sich der kalendermythische Sinn des Gesamtkanons, dann stimmen die runischen Mythenbezüge mit den Sonnenjahres-Festzeiten überein. Geradezu „maßgeschneidert“ wirkt die Anpassung des Runenringes auf dem Jahreskreis.

Das Tor zur germanisch-keltischen Urreligion

Der Ursprung der sowohl Kommunikations- als auch Kultzwecken dienenden Runenschrift liegt weniger im Ungewissen der Vorgeschichte, als angenommen werden könnte. Ihre Entstehungszeit ist im ersten Drittel des Jh. v.0 anzusetzen. Vermutlich war Ihr Schöpfer ein Weiser namens Erul (siehe dazu „Erzvater Erul der Runenschöpfer“, G.Hess, 2013). Einzelne runenähnliche Zeichen wurden bereits in nord- und mitteleuropäischer jüngerer Steinzeit und nachfolgender Bronzezeit gefunden. Aber erst Erul fügte sie zu einem System mit religiöser Aussage zusammen. Breite Verwendung fand die 24er Runenfolge im gesamten germanischen Kulturkreis etwa ab dem Jahr Null bis ins 8./9. Jahrhundert. Im frühen Hochmittelalter wurden die gemeingermanischen Runen vom sog. „Jüngeren Futhark“ („Wikingerrunen“) abgelöst, welches nur noch 16 Stäbe umfasste und insgesamt eine Schwundform des 24er Systems darstellte. Ihm braucht keine weitere Beachtung geschenkt zu werden.

In welcher Art und Weise die Runenbotschaft des nordisch-germanischen Urglaubens weitergereicht wurde - dogmatisch streng oder nachgiebig gegenüber Andersdenkenden -, ist nicht überliefert. Sicher hingegen ist, dass das Runen-Evangelium der 24 Stäbe in den Mittelpunkt ihrer Aussage den Geist-Seelengott Wodan/Wodin stellte und - wohl einem reformatorischen Sturmwind gleich - durch die germanischen Lande getragen wurde. Das in den 24 Mond-/Runenständen des Jahreskreises verborgene ewige kosmische Gesetz (die Runen-Ewa) bildet den innersten, den unzerstörbaren Kern des Runenmysteriums. Bei sorgsamer Überprüfung, gleichgültig auf welcher Betrachtungsebene, erweist es sich als unschlagbar logisch und überzeugend.

Runen- und Mondstände

So steht die „Hagal“ (Hagel)-Rune beispielsweise am Monatsübergang Juli/August; dort sind in der Tat die meisten Hagelschauer zu verzeichnen ! Die „Ehu“ (Ross)-Rune befindet sich in der antiken Frühaufgangsphase des Himmelsrosses Pegasos Februar/März. Die linksläufige ODiNG-Lesung macht es also möglich, die Runen so exakt - den astrologischen Sternzeichen gleich - im Jahreskreis zu placieren, um ihre wechselnden „Einflüsse“ abzulesen. Doch während das vor etwa 2000 Jahren festgelegte Sternbild-Schema durch den astronomischen Rücklauf des Frühlingspunktes (Präzession) gegenüber dem heutigen Realjahr eine Abweichung von ca. 30° hinnehmen musste, bleiben die mondabhängigen Runen - bei Einhaltung einer sinnvollen Schaltregel - stets im zugehörigen Sonnenjahres-Festbezirk angekoppelt, d.h. sie pendeln in Plus-Minus-Verschiebungen von ca. 14 Tagen um den Idealstandort.

Hielte man keine Schaltregel ein, würden sich aufgrund der Rundlaufzeiten des Mondes um die Erde die runischen Mondphasen immer weiter im Sonnenjahr zurückbewegen. Über einen größeren Zeitraum hinweg betrachtet, müsste beispielsweise die Schwarzmond-Rune (Odal), die zur Wintersonnenwende-Mütternacht gehört, im Jahreskreis herumwandern und sich irgendwann sogar im Hochsommer wiederfinden. Nach Bericht des angelsächsischen Historikers Beda Venerabilis korrigierten deshalb die germanischen Weisen ihre mond-sonnenmäßige (lunisolare) Jahresorganisation durch einen 13. Monat.

Bei dargelegter Ordnungsregel beeinflusst - dem runen-mond-mythischen Denken entsprechend - jede Rune nicht nur ihren zeitlich engen Mondstand, sondern die gesamte jeweilige Mondzunahme- oder -abnahmespanne. So wirkt z.B. im Jahr 7001 n.M. (2001 n.0) beispielsweise die Rune Jera (13.) nicht nur an ihrem Eintrittstag 21. Juni (Neumond), sondern die ganze Spanne bis zum 4. Juli, an dem sie von der Rune Isa (14., Vollmond) abgelöst wird.

Der 13. Mondmonat

Um die Kultfeierdaten trotz der genannten Mondschwankungen im Lot zu halten, führte die Kalender-Runenlehre den erwähnten „13. Mondmonat“ bzw. Schaltmonat ein. Das Sonnenjahr mit seinem typischen Witterungs- und Klimaständen gab und gibt die großen profanen Arbeitsperioden vor, ebenso die kultischen Festzeiten. Mit seinen vier Fixpunkten - Sommer- und Wintersonnenwende sowie Frühjahrs- und Herbstgleiche - prägt es den festen, unveränderlichen Rhythmus der Jahreszeiten. Der Lauf des Mondes spielt sich innerhalb dieses Rahmens ab, vermag sich aber nicht anzupassen, denn von Neumond zu Neumond vergehen nur 29,5 Tage, so dass nach 12 Neumonden lediglich 354 Tage vergangen sind. Ein komplettes Sonnenjahr dauert jedoch bekanntlich 365 Tage.

Dies hat zur Folge, dass die Wechsel der Mondphasen von Jahr zu Jahr ca. elf Tage früher eintreten. Betrachtet man das Jahr als Kreis, würden sich also die 24 Mond-/Runen-Stände entgegen dem Uhrzeigersinn zurückbewegen. Nach Ausweis alter Quellen geht die Berechnung des runischen Jahreskreises vom luni-solaren Idealjahr aus. Wie schon erwähnt, ist dieses dann gegeben, wenn ein Schwarz-/Neumond exakt zur Wintersonnenwende (21.12.) herrscht. Dann beginnt das neue germanische Jahr mit der 1. Rune Odal. Alle folgenden Runen- und Mondstände fügen sich entsprechend ein.

Um jene kontinuierliche Rückverlagerung der Jahresmondstände zu verhindern, muss alle zwei bis drei Jahre - dann, wenn sich die aktuellen Mondstände zu weit von ihrer ursprünglichen idealen Plazierung entfernt haben - ein zusätzlicher 13. Mondmonat geschaltet werden. Dieser wurde - nach Beda Venerabilis - zwischen die beiden Monate im Zeitraum der Sommersonnenwende eingefügt. Dieser 13. ist ein rein kalendertechnischer, runenloser „Leermonat“, in dem keine Kultfeste stattfinden können.

Runenbefragung und Deutung

Grundsätze der Runenbefragung: Neben ihrer Funktion als Mondstandsweiser im Jahreskreis bieten die 24 Runen des älteren gemeingermanischen „ODiNG-FUThARK“ unerschöpfliche Möglichkeiten, auf Basis der germanischen Runenlehre das Alltagsleben besser in den Griff zu bekommen und es insgesamt erfolgreicher, harmonischer und stärkender für Geist und Seele zu gestalten.

Um etwaige Missverständnisse auszuräumen: Die authentische germanische Runenbotschaft missbraucht die Runen nicht im Sinne einer modernen Hokuspokus- Esoterik, die zuweilen haltlosesten Unsinn über die heiligen Zeichen unserer germanischen Vorfahren in die Welt setzt.

Wenn wir die Runen befragen - was stets nach dem überlieferten Dreiersystem der Nornen Urd - Werdandi - Skuld geschieht, wenden wir uns nicht unbedingt bewusst an eine außerpersönliche Macht, vielmehr rufen wir mit den heiligen Stäben jene runische Allenergie an, die in uns selbst wohnt, gleichzeitig aber Erde, Mond und Sterne bewegt, weil sie das gesamte Universum, im Großen wie im Kleinen, beseelt. Wir verlieren dabei niemals die traditionelle indogermanische Vorstellung aus den Augen, dass unser Geist-Seelengott Wodin die kosmische wie innermenschliche Wirkkraft darstellt.

Keine „Urteilssprüche“ auf Elend und Tod ! - Nach der uns erhaltenen Mythologie hat Allgeist Wodin (angls. „wodeen“) die Runen gefunden, als er - am Weltenbaum hängend - seinen Blick für das ganzheitliche Denken nach innen lenkte. So erklärt die Edda-Legende, wie der urväterliche Ase Weisheit erlangte. Wir selbst sind Teil Wodins, ja, wir sind Wodin ! In dem Augenblick, in dem wir diese Erkenntnis tief und stark mit dem Gemüt erfasst haben, wird uns der befragende Umgang mit den Runen Tore aufschließen, die das Leben - diesmal nicht nur im Alltag - und unsere Einstellung dazu von Grund auf verändern können.

Dies setzt zweifellos voraus, dass wir die Antworten, die uns die Runen geben, auf keinen Fall als eine Art primitive Zukunftsschau werten dürfen, wie es manche unklugen Esoteriker so gern tun. Oberstes Ziel unserer Fragen muss statt dessen die Suche nach Selbsterkenntnis sein, welche nur durch den Blick nach innen - wie ihn das Gleichnis vom einäugigen Wodin (dessen „blindes“ Auge innenwärts gerichtet ist) lehren soll - zu erfahren ist ! Denn allein jener, der Wissen über sich selbst gewonnen hat, wird fähig, den Werdegang seines eigenen Selbst im Gewesenen, Gewordenen und Gesollten - also in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - nachzuspüren, um mögliche Fehlentwicklungen zu erkennen und zu korrigieren, bevor sie unheilbaren Schaden stiften.

Antworten der Runen an den Fragenden - auch scheinbar negative ! - sind deshalb niemals „Urteilssprüche“ auf Elend oder gar Tod, denen der Mensch unentrinnbar hilflos ausgeliefert ist. Das Raunen der Runen gibt statt dessen wertvolle Hinweise auf richtiges oder falsches Verhalten des Fragenden gestern, heute oder morgen. Mit deren Hilfe kann er selbst die Weichen für seine persönliche Zukunft stellen, indem er eine gute Prognose durch sein Handeln unterstützt oder einer schlechten die Grundlage entzieht. So verstanden, ist ein „Blick in die Zukunft“ mit den Runen nicht nur sinnvoll, sondern auch sachlich gerechtfertigt, weil es nichts anderem als der Selbsterkenntnis und Selbsterziehung dient.

Germanische Runenlehre im Alltag leben

Es gibt keine allgemeingültigen Gebrauchsanweisungen oder Patentrezepte, wie unsere germanische Runenlehre in die eigene Lebensführung eingebaut werden könnte. Neueinsteiger sind immer wieder erstaunt über die vielseitigen und konkreten Antworten der ODiNG-Botschaft auf unterschiedlichste Lebensfragen. Jeder wird - seiner Neigung entsprechend - ganz persönliche Schwerpunkte setzen. Einen Verhaltenskodex kann und will das Runen-ODiNG natürlich nicht anbieten. Das einzige „Dogma“ des ODING bezieht sich auf die Richtigkeit seines Strukturprinzips; daraus ableitbare Vorschriften, wie mit der Lehre umzugehen sei, gibt es nicht ! Man darf sie unterschiedlich interpretieren, kann sie annehmen oder auch ablehnen.

Die Frage drängt sich auf: In welcher Weise können uns die Runen in Alltagsleben und Lebenskampf hilfreich sein ? Dazu wäre eine ganzheitliche Erfahrung des germanischen ODiNG-Glaubenssystems vonnöten. Es reicht nicht aus, die runisch vorgegebenen Feierzeiten und Hochkultfeste zu gestalten, vielmehr müsste die mögliche Runenhilfe den Zugang ins normalbürgerliche Tagesgeschehen finden. Für viele von uns Heutigen bedeutet Alltag stressintensive, globalisierte und hyperflexibilisierte Arbeitswelt, d.h. zermürbender Trott und Kampf zugleich. Deshalb wäre es wichtig, dass jeder von uns die Runenlehre gezielt zu seinem persönlichen Schutz- und Trutzschild auszubauen fähig wird. Gerade in den jetzigen Sturm- und Wolfszeiten sollte sie unerschütterliche Zuversicht, Halt und Seelenstärke vermitteln.

Basiert sie doch auf altheidnischer Lebensauffassung, und diese war - sinnbildhaft gerundet wie der ODiNG-Ring - ganzheitlich angelegt. Das hat die Christenkirche bei ihrer „Germanenmission“ mit einerseits geschmeidiger Durchtriebenheit und andererseits brutalem Machtwillen des orientalischen Despotismus wohl auch erkannt und ihre Strategie vor allem darauf abgestellt, die ihrer Lehre zuwiderlaufende freiheitliche Lebensauffassung nach und nach aufzufasern. Für den germanischen Menschen aber bedeutete diese einstige Niederlage der eigenen Religion den Gesamtverlust seiner Identität.

Als Folge davon keimte zunehmend fremder religiöser Samen in den letzten 1500 Jahren auf germanischem Boden nur allzu gut und trug vielfach giftige, verderbliche Früchte. So kam es, dass wir heute erst wieder mühselig lernen müssen, in den Bahnen runischer Denkkategorien zu leben. Der beste Weg zum Wiederaufbau einer ganzheitlich-heilen germanischen Lebensauffassung führt sicherlich über die ursprüngliche Religion, wie sie in vernehmbarer Sprache aus dem ODiNG-Kanon heraushörbar ist !

Wer sich ernsthaft mit dieser Botschaft unserer Runen auseinandersetzt und ehrlich bemüht ist, in ihre Tiefen vorzudringen, wird früher oder später feststellen, dass sie ihn mit freundschaftlicher Hand zu einem das ganze Universum umfassenden Verständnis hinführen kann. Dann wird er sich befreit fühlen von Schmach und Unterwerfung durch fremde Unheilsgötter und deren dogmatischen Fesseln. Eine perfekte, ja, man kann sagen, harmonische (sich gegenseitig Halt schenkende) Übereinstimmung unserer Lebensnotwendigkeiten mit den ewigen kosmischen Gesetzen wird wieder möglich sein.