Ortseingangsschild der baierischen Gemeinde in der „Otzi“,
der „Fürst von Otzing“, ergraben wurde.
 
OTZING - ASENHOF
 
Otzing heißt eine Urgemeinde
im Bajuwaren-Land,
wo man das herrliche Fürstengrab
aus Kelten-Zeiten fand.
 
Wohl um dreitausend Jahre
ist dieser Kult-Platz alt,
gekrönt von mächtigen Hügeln,
umsäumt vom Heiligen Wald.
 
Dann, in germanischer Phase,
der Wodan-Religion,
weihten die deutschen Ahnen
den Ort dem Od-Gott schon.
 
Die Christen-Kirche wandelte
Wodan zum Nikolaus,
darum schaut aus dem Gabenbringer
unsterblich Wodan raus.
 
Geist-Vater und Ur-Mutter,
sie weihten jedes Thing,
St. Ottilie und St. Nikolaus
steh‘n fest im ewigen Ring.
 
Im Oding-Ring, im Otzing-Ring,
raunen die Asen-Ahnen.
Im Asen-Hof verbrüdern sich
wohl Kelten und Germanen.
 
Die Gemeinde Otzing liegt im niederbaierischen Landkreis Deggendorf. Zur Gemeinde gehören folgende Ortschaften: Lailling, Kleinweichs, Arndorf, Haunersdorf, Asenhof, Reit und Eisenstorf. Asenhof ist also ein Stadtteil des Ortes Otzing. Zudem ist Asenhof gleichnamiger Verwaltungsbezirk in Otzing. Auf einer Fläche von insgesamt ca. 30,4 km2 leben heute ca. 1.900 Personen. Die Gemeinde Otzing grenzt im Süden an die Isar mit ihrem Landschaftsschutzgebiet. Bekannt ist die Gemeinde vor allem durch ihre Wallfahrtskirche „St. Ottilie“ in Haunersdorf und durch die bereits um das Jahr 1200 urkundlich erwähnte Dorfkirche „St. Nikolaus“ in Lailling.
 
Besiedelt wurde Otzing bereits im 8. Jahrhundert vor Ztr. Dies wurde durch archäologische Funde bestätigt - zuletzt durch den Fund des sog. „Otzi“, dem „Fürst von Otzing“, aus dem Jahr 2011. Archäologen haben in Bayern eine schöne Entdeckung gemacht: eine fast 3.000 Jahre alte hölzerne Grabkammer aus der Hallstattzeit. Das Grab lag unter einem künstlichen Hügel, wie es für wohlhabende Angehörige der süddeutschen Hallstatt-Kultur üblich war. Die Experten gehen aufgrund der Bestattungsart davon aus, dass es sich um das Grab eines reichen Menschen der damaligen Zeit handelt. Grund ist, dass der Tote mit einem als Statussymbol geltenden Holzwagen beerdigt wurde. „Das war eine wichtige Person, die mit allem Pomp bestattet wurde. Solche Reichengräber sind sehr selten“, sagte der Deggendorfer Kreisarchäologe Karl Schmotz. Er ist sich sicher: „Hier war früher ein großer Friedhof.“ Durch die landwirtschaftliche Nutzung wurden viele Gräber zerstört. Nur drei blieben übrig, zwei einfache Brandgräber und  das Grab dieser „wichtigen Person“. Dass die Grabkammer überhaupt die Jahrtausende überstanden hat, liegt an einem mehrere Meter hohen Hügel, der damals darüber aufgeschüttet wurde. Dadurch wurde die zuletzt immer noch einen Meter tief liegende Grabanlage im Laufe der Zeit nicht von den Pflügen der Bauern zerstört. Bei Freilegung der 13 m2 großen, 2.700 Jahre alten Grabgrube, entdeckte man, dass im Bereich der Bestattung wohl tausende kleiner Bronzefragmente lagerten. Unter anderem wurde eine vierringig geschliffene Bernsteinperle aus dem Grab von Otzing gehoben. Eine konventionelle Bergung ohne Zerstörung des äußerst komplizierten Zusammenhanges war nicht möglich. Man musste das Grab daher vollständig bergen, um es unter optimalen Bedingungen in den Restaurierungswerkstätten freilegen zu können. Es wurde zur Bergung in zwei Blöcke geteilt. Bei dem kleineren Block mit der Keramik wurde hydraulisch eine Stahlplatte daruntergeschoben. Der größere Block, der den Bereich mit dem Skelett und den unzähligen Bronzeobjekten enthielt, wurde Stück für Stück untergraben und mit einzelnen Brettern von unten geschlossen. Das Gewicht des großen Blocks betrug etwa 4 Tonnen. Die Erforschung des Keltengrabes von Otzing ergab eine Fülle von Details, die den Verstorbenen heute wieder ein Stück lebendig machen. Die ursprüngliche etwa 1 m hohe Grabkammer wurde im Laufe der Zeit, nach Ihrem Einsturz, auf eine Höhe von 5 cm komprimiert. Der in der Grabkammer liegende, etwa 20-30 Jahre alte Mann, so stellte man fest, war aufgrund seiner Erkrankung stark eingeschränkt und konnte kaum laufen. Trotzdem wurde er mit allen Ehren als hochstehende Persönlichkeit bestattet und stand, trotz seiner Behinderung, zu Lebzeiten an der Spitze seiner Gemeinschaft. Die Funde, wie Pferdegeschirr, Zuggeschirr und beschlagenen Wagenteile, bezeugen seinen Wohlstand. Der Dolch, den er bei sich hatte, war das Statussymbol der Führungselite. Das zahlreiche Geschirr war dazu gedacht, auch im Jenseits weiter seine Rolle als Gastgeber ausüben zu können. Viele Details des Grabes können erst nach Abschluss der naturwissenschaftlichen Untersuchungen vollständig gewürdigt werden.  Die Erforschung erfolgt von einem Team unterschiedlichster Spezialisten, die die Beiträge zur Bestimmung von Pflanzen, Hölzer, Speiserückstände oder Textilien erarbeiten. Bei vielen Ausgrabungen gehen aufgrund der schlechten Erhaltungsmöglichkeit besonders diese organischen Reste verloren. Sie sind jedoch ein wesentlicher Aspekt für die Rekonstruktion der alten Lebenswelt. Im Grab von Otzing lassen sich durch die Analysen detailliert Informationen über die Konstruktion und Einrichtung der Grabkammer, die Aufbahrung, Kleidungsreste, Leder und Konstruktionsdetails von Werkzeugen oder Geräte gewinnen. Archäologische Eisenfunde sind häufig bis zur Unkenntlichkeit korrodiert. Grundlage einer fachgerechte Freilegung und einer abschließenden Rekonstruktion sind Röntgenuntersuchungen, die nicht oder nur schwach korrodierte Zonen im Inneren der Rostklumpen sichtbar machen. Eine dreidimensionale Darstellung ist durch Computertomographie möglich. Das Beispiel fafür ist ein Werkzeugset, das dem Toten mitgegeben wurde. Erkennbare Details der  Werkzeuge wurden zunächst modelliert. In einem zweiten Schritt wurden die Werkzeuge dann anhand dieser Modelle nachgeschmiedet und können nun auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet werden. Die millimeterweise Abtragung und Freilegung der einzelnen Teile dauert mehrere Jahre. Jedes der entnommenen Objekte gehört zu einem weiteren Teilprojekt mit aufwändiger Restaurierung und Dokumentation. Unzählige Proben kleinster Erdschichten wurden entnommen und analysiert. Aus den so gewonnenen Einzelinformationen muss jetzt in einem Forschungsprojekt ein Gesamtbild rekonstruiert werden. Es wird zukünftig eine Dauerausstellung entstehen die einen einzigartigen Einblick in die frühe Eisenzeit, ca. 660-620 v. Ztr. gewähren soll.
 
Kultorte Otzing-Oding + Altötting-Oting
 
Mitte des 6. Jahrhunderts nach Ztr. entstand das Stammesherzogtum der eingewanderten Bajuwaren (auch Baiuwaren) bzw. Baiern, das den Großteil Altbaierns, Österreichs und Südtirols umfasste. Die Region um Otzing war schon ein neolithisches Siedlungsgebiet im Donaubogen, das die beachtlichen astronomischen und technischen Kulturleistungen der Kreisanlagen-Sonnenwarten hervorbrachte. Bis zur Isarmündung im Norden sind es keine 20 km. Und bis zur meisterlichen Elipse von Meisternthal im Süden beträgt die Strecke nur um die 10 km. Allein sieben ca. siebentausend Jahre alte  jungsteinzeitliche Kreisgrabenanlagen sind in Niederbayern geortet worden. Sechs dieser Denkmäler liegen recht nahe beieinander, in einem Abstand von drei bis sechs Kilometern. Die sechs Rondelle liegen auf einer leicht geschwungenen Ost-West-Linie. Die Abstände zwischen den Anlagen werden Richtung Westen immer kürzer, zum Ende nur noch ca. 5 Kilometer. Die siebente liegt bei Viecht südlich von Landshut an der Isar, beim Weiler Meisternthal. Zur Hallstattzeit war das ein keltisches Siedlungsgebiet mit einem bedeutenden Hügelgräber-Friedhof, nahe Otzing. Die Erinnerung daran kann in der Phase der friedlichen, allmählichen sog. bajuwarischen Landnahme nicht unbekannt geblieben sein. In der Zeit des Skiren Odoaker (um 433-493), des ersten germanischen Königs von Italien, ist lediglich die hiesige römisch-stämmige Bevölkerung nach Italien zurückgeführt worden. In Anbetracht der zahlreichen politischen keltisch-germanischen Zusammengänge gegen die römischen Invasoren dürfen wir von einem freundschaftlichen Ineinanderaufgehen keltischer und bajuwarischer Siedler im süddeutschen Großraum ausgehen. Der altkeltische Friedhof bei Otzing blieb offenbar im achtungsvollen Gedächtnis der Bevölkerung und wurde als Ahnen-Weihestätte angenommen. Die Dahingegangenen, die seligen und halbgöttlichen Ahnen nannten die germanischen Ackerbauern „Asen und Alfen“. „Hof“ war der germ.-an. Begriff für den heiligen Bezirk, den Kultort, so dass ein „Asenhof“ als Ahnen-Weihestätte zu deuten wäre. Nach mündlicher Auskunft des Hofbesitzers war der Name Asenhof seit Menschengedenken nie ein anderer. Ich bin bemüht, dazu weitere, belastbare Auskünfte einzuholen. Auch der Gemeindenamen Otzing lässt eine ähnliche Bedeutung vermuten. Die Lautung des „z“ in dem Begriff dürfte sich aus einem älteren „t“ verschoben haben, denn die beiden Laute sind in indogerm. Sprachen austauschbar und wechseln desöfteren. Der echtalte Ortsnamen muss als Otting rekonstruiert werden bzw. als Oding. Aus dem ursprünglichen oding/oting/oðing wurde im Mittelhochdeutschen ein otting. Ein leicht nachprüfbares Beispiel dazu liefert die dänische Stadt Odense auf der Insel Fünen. Der Name stammt mindestens aus vorchristlicher Wikingerzeit und entstand aus „Odins Vi“ (Odins Weihe), also einer Kultstättenbezeichnung zu Ehren des Gottes Odin/Wodan. Der frühere deutsche Name für Odense war Ottense. Die Ortsbezeichnung Otzing wird trotz der Kurzform, zu den „ing/ingen“-Orten zu rechnen sein, wie sie besonders oft in englischen, dänischen und oberdeutschen, insbesondere allemannischen Gebieten vorkommen, z. B. Reading (England), Kolding u. Jelling (Dänemark), Tübingen u. Sindelfingen (Schwaben), Marling u. Hafling (Südtirol). Die Kurzform Hafling entwickelte sich aus ersturkundlich Haueningen (1186), „Heveningen“(1189), Hæfningen (1370). Der Name ist nach dem Muster bajuwarischer „ing“-Namen geformt, deren Stammbegriff möglicherweise ahd. hof (Hof) oder havan (Gebirgspass) meinen. Die semantische Bedeutung von Otzing wäre „Siedlung der Od-Nachkommen“, denn das germ. Suffix „-ing“ meint „Nachkommen, Leute, Kinder, Sippe desjenigen dessen Name im Vorderglied bezeichnet wird. Es handelte sich dabei sowohl um Personen- als auch Ortsnamen.
 
Um ca. 75 km südlich von Otzing liegt am Inn der altbeierische Kultort Altötting (Wallfahrtsort mit Gnadenkapelle) wurde noch 1721 auf einem Kupferstich von Michael Wening so geschrieben: „Alten Oetingen“. Urkundlich trat Altötting 748 erstmals ins Licht der Geschichte, unter dem Namen Autingas, der latinisierten Form von Ötting bzw. Oetingen, einer Pfalz der agilolfingischen Bayern-Herzöge. „Aud/t-“ ist die gotische Form des „od / ot / oð“. Johann Georg Turmair, genannt Aventinus (1477-1534), ein deutscher Historiker und Hofhistoriograph, schuf die Altöttinger Chronik, die „Historia Otingae, Munich, 1528“. Er schrieb in der deutschen Version 1519 von dem „hochwirdigen und weit berumten Stifft Alten Oting …“. Im Jahr 748 wurde der Ort Amtssitz von Herzog Tassilo III., aus dem baierischen Herrschergeschlecht der Agilolfinger. Die größte politische Bedeutung erlangte Oting/Ötting als Pfalz der Karolinger. König Karlmann (um 830-880), ein Urenkel Karls des Großen, regierte sogar als alleiniger Herrscher des Stammesherzogtums Baiern und Königs von Italien von hier aus sein Reich.
 
Zur Dorfkirche „St. Nikolaus“ in Otzing-Lailling
 
Ohne größere Verständnisschwierigkeiten können wir uns in die beiderseitige Bedürfnislagen während christenkirchlich vorangetriebenen Missionsaktivitäten hineindenken. Die Kirche versuchte die mehrheitlich im Wodankult beheimateten Seelen der Alemannen und Beiern zu gewinnen. Der an einem Marterpfahl gestorbene Fremdgott aus dem Morgenland konnte keinen befriedigenden Ersatz für den germanischen und keltischen Volks- und Geistgott namens Wodan oder Teutates bieten. Ersatzweise bot die Kirchenpropaganda Heiligenfiguren als Ersatzgötter an. Das Volk verlangte nach Seelengeistgottheiten und Ur- und Erdmuttergöttinnen, im Sinne der altgewohnten religiösen Denkmuster. Die Kirche begann im Laufe der Zeit u.a. den Erzengelkult und Marienkult und Dreimarienkult zu beleben. Am Wodin-Odin-Kultplatz Otzing ließ sie die in die wodanische Matrix passende, 3 km entfernte Dorfkirche „St. Nikolaus“ in Lailling errichten, sowie die ca. 23 km entfernte Wallfahrtskirche „St. Ottilie“ in Haunersdorf.
 
Mit hoher Wahrscheinlichkeit können wir also davon ausgehen, dass es sich auch bei Otzing um einen keltisch-germanischen Kultplatz handelt, er gehört zu den vielen Od-Ortschaften die sich in der weiten Germania, gleich einem noch heute aufspürbaren Od-Kultplatznetz, befanden. Aus dem altdeutschen Volksgott Wodan-Wodin-Odin modelte die Christenkirche u.a. den gabenbringenden St. Nikolaus. In Ös­te­reich kommt der Niko(-lo/-laus) mit dem Klaubauf und vielen Maskenläufern, auch Tier­masken, lärmend in die Häuser, bringt Gaben und prüft die Kinder. Im Odenwald­kreis gibt es bei den lauten Umzügen, den kinderschreckenden  Bohlischbock / Rü­ben­bouz / Bollebouz / Hörnersnickel / Bensnickel / Strohnickel (in Binsen od. Stroh ge­hüllte winterverkörpernde Gestalten), den Hörnersvaltin, ein weißes Pferdege­spenst. Die Gestalt des Odenwälder Schimmelreiters, die auch bei anderen Um­zü­gen mit­zog, ritt ja ebenso in Friesland, Flandern und Norddeutschland als Sinner­klaas und „Sünnerklaas up’t witte Peerd“ durch Nov. und Dez.-Nächte. So wie Wo­din-Odin als Totenseelen-Geisterherr die Scharen des Wilden Heeres auf einem Schimmel an­führte, so spielte er unverkennbar als Schimmelreiter auch die Haupt­rolle bei den Um­zügen die sich zum Nicklaus-Brauchtum entwickelten. Nach kir­chenchristlicher Regie stehen die „bösen“, wodanischen Nickel dem „guten“ christl. Niklas gegenüber. Spach- und Ideengeschichtlich haben beide nichts miteinander zu schaffen: Der Namen eines Christen­bischofs, des Nikolaus / Nikolaos (griech. „Sieger über das Volk“), klang nur wie der Bei­na­men des Wodin altn. „hnicudhr / hnicarr“; ein Begriff für den oftmals unberechenbaren, neckenden, böswilligen Wasser- / Meergeist: ahd. nihhus, nichus, nikhus; ags. nicor, altn. nykr, anderswo nik /nickel / nicker / necker / nek / nök / näk / nix. (siehe Grimm, „Dt. Wörterbuch“, 514ff) Dieser schenkende und erzieherisch auch strafende, neckende Geist - der Nycker / Nichus / Nikhus - ist Wodin in eigener Person, der sich auch unter die­sem Namen in meh­reren Quellen zu erkennen gibt. Im eddischen Grimnismál (46-48) zählt Odin selbst einige seiner Namen auf: „Grim [Maskenträger] hieß ich, Gangleri [Wander­mü­der] hieß ich, Herian [Herrscher] und Hialmberi [Helmträger] auch, Thekk [Willkom­mner] und Thridi [Dritter], Thud [Schmaler] und Ud [Woge], Herblindi [Heerver­blen­der] und Har [Erhabener], Sad [Wahrhaftiger] und Swipall [Wandelbarer] und Sann­getal [Entschleierer], Herteit [Kampffroher] und Hnikar [Stößer / Aufhetzer] dazu [...]. Hnikud [wie Hnikar]. In Gylf. 3 wird erklärt wie der vornehmste der Götter, Odin, heißt: „Er heißt in unserer Sprache Allvater, aber im alte Asgard hatte er zwölf Namen, der zweite Herre oder Herian, der dritte ist Nikar oder Hnikar, der vierte ist Nikud oder Hnikud...“. Bei den altn. Bezeichnungen Hnicudhr, Hnicarr, entstand das „r“ aus altem „s“. Reginsmál 18 enthält eine Erzählung über Sigurd, der bei Sturm­wetter in Seenot gerät, worauf sich eine Gestalt vom Vorgebir­ge her dem Schiff nä­hert und die Elemente besänftigt. Darauf­hin erkannte die Mann­schaft, dass Odin ihr Retter war. Dieser sprach: hnicar heto mic = „man hieß mich Nikar“. In der Norna­gest saga (6, 4): „Künd mir das Hnikar [Odin], Du kennst alle Vorzeichen für Asen und Irdische.“ Und in Gylf.3 werden die Namen Allvaters aufge­zählt, u.a.: „Nikar oder Hnikar, der vierte ist Nikud“. Dass also Wodin und „Sankt Niko­laus" identisch sind, durch Wort­gleichklang, Attribute und Legende, ist sicher.
 
Zur Wallfahrtskirche „St. Ottilie“ in Otzing-Haunersdorf
 
Neben den religiösen Ansprüchen einer nur oberflächlich kirchlich umerzogenen altdeutschen Glaubensgemeinschaft, nach der Wodan-Odin ähnelnden Heilbringergestalten, welchen die Kirche mit ihren Angeboten wie St. Nikolaus, St. Martin und Erzengel Michael nachkam, gab es das Volksbedürfnis nach einer urmütterlichen heiligen Fraue. Die gemeingermanische Göttin Frija lebte beispielsweise in den Formen der hl. „Frau Holde/Holle“ und der hl. „Spinnerin Frau Peratha/Bechta“ im Volksbewusstsein fort. Die Urgöttin in gesamter indogermanischer Mystik ist immer eine Spinnerin, denn die gesamte Welt gilt als Gespinst, als etwas Gewobenes. Auch ist das Bild der Urgöttin in den Sagengestalten der germ.-altdeutschen Herrscherdynastien zu erblicken, welche an ihren Anfang eine Urmutter namens „Oda/Ute“ setzten, was ebenfalls als einer der altheiligen Kultnamen der Allmutter Frija gedeutet werden darf. Der germ. Glaubensaspekt, zum Urbeginn das gebärende Prinzip, also eine Urmutter, anzunehmen, drückte sich sichtbar darin aus, das Fest zum Jahresbeginn in der Wintersonnenwende als „modraneht“ (Mütternacht) zu bezeichnen. Ursprünglich stand demnach dem Gott Od (an. Óðr bzw. Óðinn) die Ehefrau Frija zur Seite (Gylfaginning, 23), der auch als Oda gehuldigt wurde. Weihnachten, das Wintersonnwendfest, war die Feier der Wiedergeburt des Lebens auf der Erde, wie es der Norden seit ca. 7.000 Jahren gehalten hat, was die stichbandkeramische Sonnenwarte von Goseck (Sachsen-Anhalt) unter Beweis stellt.
 
Dieses germ. Mythenwesen stellten die kirchlichen Missionsstrategen in die Wintersonnenwende, welche man im Mittelalter auf den 13. Dezember datierte. Im altrunischen ODING-Kalender steht sie auf der WS-Rune „Odala“. Die Formen Odilie, Odile, Odilia, Ottilie kommen vor. Die Namensbedeutung wird allgemein als germ. Oda („Erbgutherrin / Heimat- Ur­mut­ter“, von ahd. ot / od / oda „Urbesitz“) erklärt. Die ursprüngliche Namensformen Oda/Odo entwickelten sich in späterer Zeit zu den Schreibweisen mit doppelten „t“, also „tt“ in Ottilie und Otto. Als kirchliches Attribut der Odilia galt das Augenpaar und der Kelch. Von ihr wird dieselbe Augenlegende er­zählt wie von Lucia (die „Lichte, Lichtbringerin“), die man ebenfalls in die WS setze. Die Odalmutter liegt mit ihrer Legende genau im germ.-ru­nen­mytho­lo­gi­schen Rahmen. Aus den „Blind­nächten“ des tiefsten Son­nen­­standes und des Schwarzmondes, ge­schieht die Heilung der rol­lenden Him­mels­augen Sonne und Mond. Sie werden wieder sehend und die Hei­materde erneut erhellen. Oda, die nie­derdt. Form ist Uote / Ute / Uta war nach dem Nibelungenlied, dem germ. Nationalepos, die Mutter der Bur­gun­derkönige und Kriemhilds. Ihre Fähig­keiten als Seherin stellt sie gleich zu Eingang unter Beweis, als sie ihrer Tochter einen Traum deutet. Da die epischen Burgunder symbolhaft stel­lver­tretend für das gesamte germ. Volk auftreten, darf auch die Uta-Oda als Urstammmutter verstanden werden. Weitere Odilie-Daten sind 29. Jan., 16./17. Febr., 14. März, 17. Juli. Die Kirche versuchte immer gern ihre Kalenderheiligen durch ihre verstorbenen Glaubensboten und speziel „Märtyrer“ zu konkretisieren und zu historisieren. Ähnlich wie es im Fall der altirischen Göttin Brigid (auch Brighid, Brig, Bride, Bríd = „die Helle“) geschah, die in christlicher Phase zur „Heiligen Brigida von Kildare“ umgewandelt worden ist, so ist auch eine Umwandlung der germ. Göttin Oda in eine christliche Heilige vollzogen worden. In einem Text zum Odilienberg im alemannische Elsass heißt es: Die Bergspitze wurde wie es bei vielen frühgeschichtlichen Anlagen zu beobachten ist, nach Sonnen- und Mondrichtungen umgestaltet. Es ist wohl kaum einem geologischen Zufall zu verdanken, dass das Plateau exakt zwischen den Richtungen der großen Mondwende Süd und der Untergangsrichtung der Sonne während der Wintersonnenwende eingepasst ist. Diese Ausrichtung folgt auch der Bergspitze, die zusammen mit dem benachbarten die Schenkel eines Dreieckes mit einer Öffnung von 50° bilden, in dessen Mitte das Kloster Neumünster liegt, welcher ebenso die Odilia gegründet haben soll. Aber der Berg wurde sicher nicht nur durch seine Augenheilquelle zu einem schon vorchristlichen Wallfahrtsort von überregionaler Bedeutung, sondern auch durch den Sichtbezug zu weiteren Landmarken. Diese Beobachtung des Sonnenaufganges an wichtigen Tagen erklären auch Flurnamen, deren Hintergründe sich im Laufe der Geschichte verloren haben.
 
Zweifellos war der elsässisch-germ. Odilienberg, mit seiner über 10 km langen „Heidenmauer“, südlich Straßburg, nahe den Dörfern Oberehnheim, Heiligenstein und Burgheim, der heilige Sitz einer Odilia, nämlich der priesterlichen linksrheinischen Landesmutter. Und sie blieb - zumindest dem Namen nach - diesem Amt noch nach der Verchristlichung treu, als „Schutzpatronin des Elsass“, wenn schon aus dem Amt der altgläubigen Heilrätin die kirchenchristliche Mission eine Klosteräbtissin gemodelt hatte. Der Name Odilia, eine Alt- oder Nebenform von Ottilie, entstammt dem Althochdeutschen. Die Grundsilbe „ot/ od“ und bedeutet - wie wir wissen - so viel wie Erbgut oder Besitz, Gut und Geist. Die nicht ernst zu nehmende Kirchenlegende aus dem 11. Jh. machte die „Heimat-Mutter“ Odilia zu einer blinden Tochter des streitbaren Herzogs Eticho, der im 7. Jh. lebte. Sie erhielt diesen Namen wohl deshalb, weil sie auf der Hohenburg des Odilienberges möglicherweise einer Klostergründung vorgestanden hatte. Gesichert ist das aber keineswegs.