Das sächsische Zwangstaufgelöbnis ist in einer Handschrift des Klosters Fulda überliefert, die in der Vatikanischen Bibliothek zu Rom im „Codex Palatinus Latinus 577“ zu finden ist.
 
Der damalige Wortlaut von Fragen und Antworten, die jeder Sachse gewungen wurde, herzusagen:
 
Forsachistû diabolae ?
 
et respondet: ec forsacho diabolae.
 
end allum diobolgeldae ?
 
respondet: end ec forsacho allum diobolgeldae.
 
end allum dioboles wercum ?
 
respondet: end ec forsacho allum dioboles wercum and wordum, Thunaer ende Wôden ende Saxnôte ende allum thêm unholdum, thê hira genôtas sint.
 
Gelôbistû in got alamehtigan fadaer ?
 
ec gelôbo in got alamehtigan fadaer.
 
Gelôbistû in Crist, godes suno ?
 
ec gelôbo in Crist, gotes suno.
 
Gelôbistû in hâlogan gâst ?
 
ec gelôbo in hâlogan gâst.
 
In Neuhochdeutsch:
 
Sagst du dem Teufel ab ?
 
ich schwöre dem Teufel ab.
 
und allem Teufelsdienst ?
 
und ich schwöre allem Teufelsdienst ab.
 
und allen Teufelswerken ?
 
und ich schwöre allen Teufels-Werken und Worten ab, Thunaer und Wôden und Saxnôte und allen Dämonen, die ihre Genossen sind.
 
Glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater ?
 
ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater.
 
Glaubst du an Christus, Gottes Sohn ?
 
ich glaube an Christus, Gottes Sohn.
 
Glaubst du an (den) Heiligen Geist ?
 
ich glaube an (den) Heiligen Geist.
 
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SACHSEN-TAUFE

Die Nebel wallen am Aller-Fluss,
tief beugen die Weiden sich nieder,
der Henker der da sein Werk tun muss
  dehnt seine ermatteten Glieder.

Er steht inmitten von dampfendem Fleisch,
viele Hundert hat er erschlagen,
von blutigen Köpfen türmt sich ein Deich,
an dem schon die Kampfhunde nagen.

Die Mönche lauern mit starrem Gesicht,
in den grauen und schwarzen Talaren -;
ein Abt mit zürnender Stimme spricht
und zerrt ein Kind an den Haaren.

Fränkische Büttel mit blankem Schwert
bedrohen die sächsischen Haufen,
nichts ist ein heidnisches Leben wert,
hier vor den erzwungenen Taufen.

Am Ufer ballt sich das Bettelpack,
der mageren, hungrigen Menge,
wer abschwört kriegt einen Hafersack
und den Messweinschluck im Gedränge.

Und immer aufs Neue ertönt der Satz:
„Entsage dem Wodan, dem Teufel !“,
als Schlusspunkt wortreicher Seelen-Hatz
und dem salbungsvollen Geträufel.

Gar manchem werden die Augen eng,
sein Stolz wird zum trutzigen Lenker -,
da schrillt der Schrei eines Priesters, streng:
„Auch du da -, hinüber zum Henker !“

Die „Rote Beeke“ sie schillert im Blut,
zur Aller schwemmen die Wellen -;
der christliche Wahnsinn lebt seine Wut,
und die Schreie der Sterbenden gellen.

Die „Rote Beeke“ ist ein Bach an der Aller bei Verden, an dem Tausende von Sachsen im Verlauf der Sachsenunterjochung (772-804) Zwangstaufen und Massenmorde erdulden mussten. Hermann Löns beschrieb in seiner Novelle „Die rote Beeke“ im Jahre 1908 das „Verdener Blutgericht" von Frankenkönig Karl, dem „Sachsenschlächter“.
 
Foto: Am Ufer der Aller bei Verden
 
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Dazu die Zuschrift von Cerlane:

Ein sehr tolles Gedicht und mir fällt dazu nur ein

„Die rote Beeke oder Hermann Löns über den Freiheitskampf der Sachsen",

was ich als Kind schon kannte und mit Begeisterung laut las.

Hier aber nur ein Ausschnitt, da es sonst viel zu lang ist.

„Zwei Trommeln ertönen, zwei Hörner erschallen; lautlose Stille liegt über den Tausenden von Menschen, die rundumher auf den Sandbergen stehen.

Ein Mann in langem, schwarzem, goldgesticktem Rocke tritt vor den König, verbeugt sich tief und nimmt mit den weißen Händen den breiten, langen Schweinslederstreifen entgegen, an dem blutrot des Königs Siegel pendelt. Zwei Trommeln ertönen, zwei Hörner erschallen, dreimal und dreimal und noch dreimal. Der Mann im schwarzen, goldgestickten Rock tritt an den Rand des Hochsitzes und liest laut das Schriftstück. Aus der Menge kommt kein lauter Atemzug.

Höfisch ist das Wesen des Schwarzrockes, und gut setzt er seine Worte, aber das, was er spricht, ist Blut und Tod, das Blut von viertausendfünfhundert Getreuen, der Tod von viertausendfünfhundert Gerechten, die ihre Hälse lieber dem Beile beugen, denn fränkischem Recht und fremder Art. Sie schlugen am Süntel das Frankenheer, hängten Karls Verwalter an die Weidenbäume, opferten die Priester bei den großen Steinen, setzten den roten Hahn auf die Zinshäuser, machten die Bethäuser dem Erdboden gleich und warfen die Rolande in die Dorfteiche; freie Männer wollten sie sein im freien Lande.

Freie Männer werden sie sein im freien Land, in dem Lande, wo es nicht Herr noch Knecht, nicht Recht und Gesetz, nicht Treue noch Verrat gibt. Ihre Köpfe werden in den Sand rollen, und ihr Blut wird in den Graben laufen, der sich zwischen gelben Sandwällen nach der Beeke hinzieht. Viertausendfünfhundert Witwen und Bräute weinen heute im Lande, und alle Adler und Raben, alle Wölfe und Füchse werden bersten vor reichlichem Fraße."