DANKBARKEIT
 
Mehrfach beschwerte ich mich schon darüber, dass Menschen,
denen ich Gutes getan habe, sich nicht als dankbar erwiesen.
Außerhalb eines schnellen: „Danke“ - verhielten sich manche
Menschen nach meinen freiwilligen Taten etwas eigenwillig bis
abartig, sodass ich ins Grübeln kam, was mit denen wohl los ist?
 
Kürzlich, als ich wieder einmal mit einem Familienmitglied, das
ich selten sehe, über solche Erlebnisse sprach, erklärte mir dieses
die vier Ebenen des Gespräches. Da kam also hervor, dass mich
mancher, dem ich meinte, etwas Gutes zu tun, nicht einmal
gebeten hatte, ihm zu helfen! Also ist wohl auch mit mir etwas
los!
 
Natürlich wandte ich allerhand ein, eben, dass ich mit meinem
Verhalten damals nicht allein da stand, und auch, dass es ja
üblich war, sich so zu verhalten, doch das ließ mein Gesprächspartner
nicht gelten. Der Gedankengang des ungefragten
Helfens bekam auch noch einen völlig anderen Touch, als
hervorkam, dass einer, der nicht um etwas gebeten hatte,
auch nicht „Danke“ sagen musste, noch sich dankbar verhalten.  
 
Da ich meine wohlgemeinten Taten - höflich - nicht vorgehalten
hatte, sondern nur im Gespräch mit Anderen artikuliert, bekam
ich jedoch nie zu hören: „Ich habe dich ja nicht gebeten!“ Wohl
bekam ich einmal zu hören: „Kümmere dich um deinen eigenen
Scheiß !“ Der Mensch ist insgesamt ein Gewohnheitstier und
dazu noch langsam im Denken und so trage ich diese kulturellen,
noch mehr wohl religiösen Lasten, die mir als Kind aufgebürdet
wurden, die jedoch alles andere als natürlich und dem Einzelnen
zuträglich sind, immer noch weitgehend ungelöst mit mir herum.
 
Dazu kommt, dass Gespräche mit und Beobachtungen an Anderen
mir ein ziemlich komplettes menschliches Bild geben, was Dankbarkeit
betrifft. Obwohl Dankbarkeit ein Gefühl ist, kann sie leicht
bemerkt werden, im eigenen Inneren genauso, wie vom Außen,
als Gefühl, als liebevolle Zuwendung und auch als Tat.
 
Zuweilen, wenn mir Andere ihr Leben erzählen, bekomme ich
richtig Wut! Wie undankbar manche Frauen zu ihren Männer sind!
Wie „daneben“ manche Männer zu ihren sensiblen, hingebungsvollen
Frauen sind! Wie Firmen ihre besten Mitarbeiter an „ein junges Team“
opfern und in ihren besten Jahren rauswerfen. Dass diese Firmen
nicht lange danach in Konkurs gehen, was ich tatsächlich mehrfach
beobachtete, hilft ja den erfahrenen, älteren Angestellten nicht mehr!
 
Was mich wirklich schockiert, sind detaillierte Erzählungen wie:
 
„Mein Mann verlieh meinen wertvollen Lammfellmantel in meinem
Beisein, ohne mich zu fragen an seine Jugendfreundinnen, ohne dass
ich es real bemerkte. Sie manipulierten mich, schmetterten Fragen von
mir ab, wärmten das Auto vor und gackerten mir die Ohren voll, dass
ich erst zu Hause vor vollendeten Tatsachen stand, und die Familie
angeblich vollzählig und plötzlich verreist war. Ich musste dann
mit einer ziemlich unansehnlichen Jacke die Heimreise antreten und
bekam meinen Mantel erst nach Monaten wieder.“
 
„Meine Frau kaufte von dem Geld unseres gemeinsamen Kontos eine
Immobilie und ich kam erst später dahinter, dass ich auf der Besitzurkunde
nicht eingetragen war. Als ich verlangte, dass sie auch mich eintragen ließ,
hatte sie immer neue Ausflüchte, und sie gab die Urkunde auch nicht heraus,
sodass ich diese Handlung selbst vornehmen konnte. Bei unserer Scheidung
hatte ich keine Chancen mehr, Anspruch zu erheben.“
 
„Meine Frau hatte ein Schreiben meiner verstorbenen Mutter, worauf stand,
dass meine Frau die gut dotierten Aktien einer renommierten Firma übertragen
bekam. Dabei hatte meine Mutter mir diese Aktien geschenkt! Zum Zeitpunkt
der Ausstellung dieses Teiltestamentes war unsere Ehe vollkommen intakt.“
 
Alle drei Beispiele sind - einzeln besehen - nicht besonders außergewöhnlich.
Sie scheinen sogar alltäglich. In Bezug auf Dankbarkeit sind sie jedoch richtige
Hämmer! Weil, in intakten Beziehungen tragen sich solche Betrügereien zu!
Das heißt, die Paare leben einträchtig miteinander, gehen ins Theater, machen
einen Tanzkurs, gehen aus zum Essen, arbeiten und erziehen gemeinsame
Kinder - und trotzdem ist einer der beiden UNDANKBAR ! Anders kann dieses
Szenario nicht beurteilt werden! Was bewegt solche Betrügerpartner eigentlich,
oder andersherum betrachtet: Was bewegt diese Betrügerpartner eigentlich
NICHT? Jemanden zu bescheißen, der einen nichts angeht, der einem etwas
angetan hat, den man vielleicht sogar hasst, der einem zum Hals heraushängt,
das ist immerhin noch etwas nachvollziehbar. Obwohl auch der Betrug eines
Feindes nicht gerade edel ist, was Kampf bedeuten würde, diesem in den
Rücken zu fallen.
 
Ehrenhaft ist dieses Verhalten nicht. Doch einen Partner, mit dem man intim ist,
mit dem man jede Nacht im selben Bett schläft, der Rosen bringt, der die eigene
Karriere unterstützt, indem er in der eigenen Freizeit kocht, die Kinder vom
Kindergarten abholt, in jeder Hinsicht den eigenen Rücken freihält und die
schmerzenden Füße massiert, ja, der in jungen Jahren sogar ermutigt und
aufgebaut hat, das Leben gerettet hat, wenn die Nussallergie anaphylaktischen
Schock hervorrief - kann das alles NICHTS sein? Kann das kein Grund zur
inneren Solidarität sein?
 
Wie es scheint, gibt es trotz äußerlichen, menschlichen Aussehens tatsächlich
zwei verschiedene Gattungen von Menschen. Wie oft hörte ich von Frauen:
„Die biestigen Weiber bekommen immer die besten Männer!“ Oder von Männern:
„Die Arschlöcher haben die besten Frauen und behandeln sie mies!“
 
Mit Menschen zusammen zu sein, sogar in Ehen oder Lebensgemeinschaften,
die guten Gaben mit der einen Hand zu nehmen, um mit der anderen Betrug
und Schmerz zu verursachen, als Charakterschwäche abzutun, wäre hier zu
wenig. Diese Menschen sind nicht fähig, eine zuhöchst menschliche Eigenschaft
zu kultivieren: Die Dankbarkeit.
 
Wer nicht zur Dankbarkeit fähig ist, zur Solidarität mit Intimpartnern, kann
der als behindert bezeichnet werden? Meine Wut in diese Richtung erlaubt
mir diese Frage! Es geht nicht allein um diese Einzelmenschen. Einzelschicksale.
Einzeltäter und Einzelgeschädigte. Es geht um viel mehr, als es den Anschein
hat. Wer sich hergibt und die eigenen Gefährten auf dieser Erde piesackt und
gemein behandelt, ist nicht nur ein Kameradenschwein, sondern er gefährdet
die gemeinsame Entwicklung, das Gemeinwohl !!!
 
So ein Individuum arbeitet einer gewissen, elitären Population in die Arme,
welche die Not, das Elend und die geistige Verarmung auf dieser Welt als
Ziel und in ihrer Agenda hat! Meine Wut auf die, welche mit ihrer Undankbarkeit
gegen ihre eigenen Intimpartner antreten, auf sie herabsehen und sich selbst
noch als „Sieger“ über die ach so doofen und naiven Geschädigten aufspielen,
ist nicht nur berechtigt, sondern kann ausschließlich von dem guten Gedanken
„gelöscht“ werden, dass es in den menschlichen Beziehungen immer einen
gibt, der als Entwicklungshelfer dient. Nämlich Demjenigen, der sich letztendlich,
trotz aller Liebe, die er empfangen hat, als hämischer Abzocker outet. Er ist,
ohne, dass er es bemerkt, der eigentliche Verlierer. Er hat seine Chance vertan,
hat sich als nicht dankbar, der Illusion der Materie verfallen und als lieblos  -
trotz aller Liebe, die er empfangen hat - geoutet.
 
Nicht selten werden Männer, die vorher ihre Ehefrauen verlassen oder betrogen
haben, von diesen danach noch gepflegt bis zum Tod! Dankbarkeit und Liebe
sind ein Phänomen. Phänomene sind nicht erklärbar. 
 
Gigi Lichtaubergh
 
Dankbarkeit für das Leben und das Erleben der Welt, jenen Gefühlen die im Gegenzug den irdischen Segen spenden, kann aus vollem, reinem Herzen allein der Heide empfinden, denn er erfreut sich der Welt ohne Schmälerung, ohne den geringsten Anlass des Zweifels an der ungetrübten Erlaubnis, die Welt zu schätzen und zu lieben. Für die Christen, ausnahmslos aller Schattierungen, gilt die Welt als eine Übergangsphase zur angeblich wahren Seligkeit im Jenseits, der doch eigentlich ereignislosen, öden Plattheit des Hosiannasingens. Nicht müde geworden sind die kirchlichen Lehrer der Todessehnsucht geworden, die Erde als ein schändliches, zu überwindendes „Jammertal“ zu verteufeln. Fast jede Weltfreude ist doch dem ernsthaften Christenmenschen genommen, durch die kirchlichen Bedrohungen und Versündigungserklärungen der Kirchenoberen gegenüber den irdischen Freuden und Lüsten. Wie sollte beispielsweise eine Christenfrau ungetrübten Genuss am eigenen Leib ausleben können, wenn ihre, zu den Weltfreuden lockende sinnliche Leiblichkeit mit dem schweren Bann der „Todsünde Unkeuschheit“ belegt ist ?! Nur der artgläubige, christfreie Naturmensch, ohne Zwangsjacke und Kandare jener Domestizierung durch künstliche Gebote, Sakramente und Sündenlehren einer negativ entstellten Erdenwelt, vermag Liebe wie Dankbarkeit unserer Mutter Erde entgegenbringen, welche ihre Gaben aus übervollen Segenshänden verschenken möchte, an jene ihrer Kinder, die sie im vollen Umfange dankbar zu ehren wissen !
 
Guntram