Atlantisch-postdoggerländische Kultur
 
 
 
Abb. 1 - Spirale + Algiz-Rune auf Kumpf aus dem Jungsteinzeit-Brunnen von Altscherbitz, 7.100 v.0
 
Vor mehr als 7.000 Jahren haben die Urdeutschen in der Jungsteinzeit bei Jena schon Brunnenschächte auf exakte handwerkliche Art und Weise mit Eichenholz ausgekleidet. Die vier Brunnenfunde in der Nähe von Leipzig zeigen wie lange vor der Erfindung der ersten Metallwerkzeuge aufwendige Holzbauwerke und Rindenprodukte geschaffen wurden. Der hohe Lebensstandard dieser Bauern in Mitteldeutschland war erstaunlich, ihre Handwerkskunst war grandios, wie ihre perfekt gearbeiteten Erzeugnisse unter Beweis stellen. Bis zu sieben Meter tief haben sie mit Spaltholzbrettern und komplizierten Eckverbindungen ihre Brunnenschächte ausgekleidet. Es handelt sich hier um die dendrochronologisch exakt datierten ältesten Holzbauten überhaupt, nämlich zwischen 5.206 und 5.098 vor Beginn heutiger Zeitrechnung. Sensationell ist für uns Runenfreunde, dass bereits in dieser Frühzeit Sinnzeichenfunde in Runengestalt gemacht wurden, wie die Lebensspross-Chiffre des Runen-Buchstabens „z“ (Abb. 1) auf dem aufwendig verzierten Kumpf des Brunnens von Altscherbitz (5.100 v.0) sind schon die Ideen der Spirale und des Begriffszeichens bezeugt. Schon vor 7.000 Jahren treten die erstaunlichen Ereugnisse der nordisch-atlantischen Sonnenreligion vor unsere Augen. Bezeichnenderweise lautete der Ausstellungstitel des Museums Leipzig, mit dem diese neolithischen Grabungsergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt wurden: „Funde, die es nicht geben dürfte“.
 
Die atlantisch-doggerländische Urkultur Europas muss als einer der Ausstrahlungsherde betrachtet werden, aus dem sich nach Westen (England/Irland), nach Süden (Bretagne/Galicien/Sizilien), nach Osten (Deutschland/Dänemark/Schweden) die Sonnenreligion entwickelt hat. Im engen gegenseitigen Befruchtungsaustauch stand das atlantische Urkulturzentrum mit dem stammverwandten Urkulturzentrum im Schwarzmeerbecken-Karpatenraum in Kontakt. Wir hoffen auf zukünftige bestätigende archäologische Funde, sowohl aus der Nordsee wie aus dem Schwarzen Meer.
 
Der steinzeitliche ca. 7.000 Jahre alte Kreisgraben-Palisadenbau von Goseck, nahe Naumburg in Sachsen-Anhalt, wurde als 71 Meter im Durchmesser betragende Sonnenkultanlage errichtet. Durch die drei Tore im Norden, Südosten und Südwesten wurden vom Zentrum des Kreises aus die Sonnenauf- und -untergänge zur Winterwende beobachte. Knochenfunde von Stierschädeln deuten darauf hin, dass die Wintersonnwendfeierlichkeiten mit Stieropferriten einhergingen. Auch die irische Nekropole von Newgrange, ein aufwendig gestaltetes sog. Ganggrab/Hügelgrab mit kreuzförmiger Kammer und Kraggewölbe, ca. 5.000 Jahre alt, ist auf die Wintersonnwendaufgangspeilung ausgerichtet. Auch die irische megalithische Grabanlage von Dowth ist auf den Wintersonnwendaufgangsort ausgerichtet. Von November bis Februar gelangen die Strahlen der Abendsonne in den Gang und dann durch die nur 3,5 m lange Kammer von Dowth-Süd ins Grabende. Während der Wintersonnwendzeit also bewegt sich das Licht der niedrigen Sonne entlang der linken Seite des Durchgangs, dann in die Kreiskammer, wo drei Steine ​​von der Sonne beleuchtet werden. Dowth weist Steinblöcke auf die mit Spiralen, Zickzackmustern, Strahlenkränzen und Rauten geschmückt sind. Ebenso ist das Ganggrab von Knowth gefluchtet. Und das von Newgrange ist dank des faszinierenden Lichtstrahls, der jedes Jahr zur Wintersonnenwende durch sein Eingangsfenster fällt, um durch den 19 m langen Gang zum Zentrum der Grabklammer, mit ihrer entzückenden Dreierspirale, zu wandern. Der Kosmos läuft nach der nordischen Intuition in spiraligen Kreisläufen: Tag, Monat, Jahr, wie fortlaufende Kreis, wobei das Große im Kleinen sich wiederspiegelt. Newgrange ist das erstaunlichste der drei Gräber im irischen Boyne-Tal. Hingegen ist die ca. 5.000/4.000 Jahre alte Tempelanlage von Stonehenge in Südengland, nahe Salisbury, auf den Sonnenaufgangspunkt höchsten Lichtstandes, also der Sommersonnenwende, ausgerichtet. Es waren Erbauer der sog. Wessex-Kultur die um 2.000 v.0 der Megalithanlage ihre heutige Gestalt gaben. Sie errichteten den gewaltigen Innenkreis aus Sarsensteinen, 30 von Decksteinen bedeckten Sandsteinpfeilern und stellten im Innern dieses Kreises fünf so genannte Trilithen in Hufeisenform auf; sie wurden ebenfalls mit Decksteinen versehen. Vom zentralen Altarstein aus gesehen, inmitten der Trilithen, ging die Sonne zur Sommersonnenwende direkt über dem entfernten Fersenstein auf und zielte auf den Altar. Von Stieropfern bei Stonehenge und in Irland hörten wir nichts, doch von Plinius (23-79 n.0) rührt der Bericht, dass bei den Kelten, unter Anleitung eines Druiden, Stieropfer erfolgten („Naturalis historia“ 16, 249–251).
 
Die Sinnbilder des religiösen Denkens der damaligen Menschen bezogen sich auf den spiraligen Sonnen- und Zeitverlauf und auf eine solar-väterliche Gottheit deren Attribut der Hammer war, auf den Stier als Opfertier und auf eine mütterliche Gottheit deren Attribut die spendende Schale gewesen sein muss. Ich werde deren Hinterlassenschaften im Folgenden anhand einiger Beispiele vorstellen. Die kulturell-religiösen Verbindungen von damals umfassten einen Großraum der sich von der Westküste des Schwarzen Meeres, des Karpatenbeckens, bis zu den Nord- und Ostseeküsten, den Britischen Inseln, Irland, Bretagne, die westeuropäische Atlantikküste, Westküste der Iberischen Halbinsel und bis nach West-Sardinien ausdehnte. England war damals noch größtenteils mit der norddeutschen Tiefebene verbunden, auch mit Irland. Der Ärmelkanal war nur eine tief ins Land einschneidende schmale Bucht. Und die Doggerbank war eine leidlich zu überwindende Landbrücke zwischen Jütland und Mittelengland. Auch Jütland und Südschweden waren ein verbundener Landkomplex. In dieser Zeit, vor ca. 7.000 Jahren geschah es, dass nicht allein im europäischen Norden der Meeresspiegel in hundert Jahren um ca. bis zu 2 Metern anstieg und immer mehr Lebensraum überflutete, sondern ebenso die prosperierenden Siedlungsräume im heutigen Schwarzen Meer langsam überflutet wurden, weil der Meeresspiegel im Mittelmeer anstieg und über die Enge vom Bosporus in den vorherigen „Schwarzmeer“-See einströmte. Die diversen Sintflut-Sagen des Nordens und des Orients sprechen davon. Mittlerweile fand man im Schwarzen Meer Siedlungsspuren in 100 Metern Tiefe.
 
Abb. 2 - Hammerkopf aus Knowth-Ganggrab (5.210 / 4.970 v.0)
 
Im irischen Boyne-Tal, nördlich von Dublin, bei Newgrange, Dowth und Knowth fand man eine große Anzahl von bedeutenden Megalithanlagen. Man sieht dort Gravuren von Spiralen, Radkreuzen, zentrischen Ringen, Rauten, eindeutigen Sonnendarstellungen, Halbbögen und Zickzackmustern. Die grandiose  Grabanlage von Newgrange wurde um 3150 v.0 erbaut, die Megalithen von Knowth und Dowth werden als zeitliche Vorläufer erklärt. Zu den Funden von Knowth gehören zwei feuersteinerne Hammerköpfe, die zu einer Fundgattung gehören, die auf die europaweit verbreiteten mesolithischen „Geröllkeulen“ zurückzugehen scheinen und bis in geschichtliche Zeit überdauerten. Der eine spiralförmig verzierte Hammerkopf (7,9 cm lang), lässt uns die Verbindung vom Hammergott mit der Sonnen- oder Zeitspirale rekonstruieren (Abb. 2). Er ist von etwas quaderförmiger, stark gerundeter, zweifarbig-eleganter Art. Gefunden wurde er auf dem Eingangsboden zur rechten Nische des Ostgrabes des Haupthügels. Beide Enden sind konvex und die größte Breite liegt nahe dem Ende, das dem stark außermittigen, zylindrischen Schaftloch am schmalen Ende gegenüberliegt. Alle Oberflächen sind verziert. Die beiden (Schlag)-Enden sind mit Feldern von eingearbeiteten schmal-rautenförmigen Vertiefungen besetzt. Beide etwas konvexen Seiten sind mit einer Spirale aus drei Windungen verziert, deren äußere Kurve sich bis auf die Seiten der Schäftung fortsetzt. Sie bestehen aus drei parallelen Linien. Auf der einen Schaftlochseite bilden zwei Dreifachbänder ein U-förmiges Design. Das Hauptmotiv auf der anderen Schaftlochseite, das von Zweifachbändern gebildet wird, besteht aus einer einwärts gerollten Doppelspirale. Man liest: „Dieser Keulenkopf hat in Irland keine Parallelen, aber er hat Parallelen im Typ ,Mawsmawr', der in wenigen Exemplaren über Großbritannien verteilt vorkommt. Ein Exemplar stammt aus ,Ormiegill North' in Caithness“, an der Nordspitze Schottlands.
 
Ich habe mir diesen Hammerkopf in Knowth angeschaut und mittels eines Holzstückes rekonstruiert, um mir den Spiralenverlauf klar zu machen (Abb. 2). Sobald der Hammerkopf gestielt ist, wird er zur Himmels-/Sonnensäule, denn die große Doppelspirale verläuft vom unteren Schäftungsloch an den Seiten bis zum oberen Schäftungsloch und seitlich wieder zurück. Ferner ist die Doppelspiral-Chiffre, von der Bedeutung „Jahr/Zeit“ eingearbeitet, welche sich bis in die mittelalterliche germanische Brakteatenkunst verfolgen lässt. Sie war zweifellos eines der bedeutendsten nordischen Heilszeichen.
 
Sardiniens atlantische Megalithkultur
  
Abb. 3 - Sonnenspiralsäulen aus den prähistorischen sardischen Gräbern bei Chiaramonti, Pimentel, Perfugas
 
Die Besiedlung Sardiniens beginnt an der Spanien zugewandten Westküste, woraus hervorgeht, dass es Menschen aus den Megalith-Zentren Frankreichs und Nordspaniens waren, was die jüngsten genetischen Feststellungen von der nordeuropäischen Abkunft der Sarden unterstreicht. Im Spätneolithikum (3.400-3.200) erscheinen die nordisch-atlantischen religiösen Motive auch auf der Westmittelmeerinsel Sardinen in ihrer gesamten Bandbreite. Es zeichnet sich ein sehr früher nordeuropäischer Kulturexport in den nordwestmittelmeerischen Raum ab. In den Reliefs der Felsengräber, den sog. „Domus de Janas“ („Feen-Häuser“), wird die ganze variable Bandbreite von magischen Symbolen vorgeführt: Sonnenspiralsäulen, Spiralbänder, Stierhäupter. Wunderschöne Doppelspiralsäulen sieht man z.B. in den Grabkammern „di Concas o dell'Ariete“ und „L'anticella decorata“ der Region Sardegna / Kommune Sassari (Grab IV) auf der nordwestlichsten Spitze Sardiniens. Die sardinische „Kultur von Ozieri“ (3.200-2.800 v.0), nahm möglichweise ostmittelmeerische Impulse auf, sie war über die Insel verteilt, mit Ausnahme des Nordens (Provinz Gallura). Aus der Bonnanaro-Kultur (2.200-1.600 v.0) entwickelte sich die bronzezeitliche Nuraghen-Kultur, mit ihren typischen Steintürmen (1.600-400 v.0) Die Nuraghen-Leute waren die kühnen Seefahrer, die Sardana/Schardana (ägypt. Šrdn), von denen die ägyptischen Quellen berichten, wie der „Papyrus Harris“. Die Sarden haben als Piraten wiederholt ägyptischen Küsten angegriffen. In einem Brief des Königs von Byblos an den König von Ägypten werden Šardanu als Leibwache erwähnt (1.388-1.351 v.0). Das erinnert an die Warägergarde (skandinavische Wikinger), der Leibgarde byzantinischer Kaiser. Unter Ramses II. kämpfen Sarden als in Sold stehende Hörnerhelmträger (mit Sonnenball zwischen Hörnern) auf ägyptischer Seite, und zwar in der Schlacht von Kadesch gegen die Hethiter. Dann in der Regierungszeit Ramses III. bekämpften sie als Hörnerhelmträger (ohne Sonnenball zwischen den Hörnern) im Verlauf der „Seevölker“-Angriffe, die Ägypter und wurden nach gelungener Abwehr der „Seevölker“-Attacken vom Pharao im ägyptischen Vorfeld Amurru angesiedelt. Wenn wir es recht deuten, stellten sich die Sardena truppenweise für und gegen den Pharao, ähnlich wie sich griechische Verbände für Geld den persichen Herrschern anboten und stellungsuchende Germanen dem römischen Militär. In den Reliefs des Totentempels von Ramses III., „Medînet Hâbu“, gibt es aber auch die schwer verständliche Abbildung eines gefesselten Führers der ägyptischen Sardena-Truppen. War er einer der während der Kämpfe die Fronten wechselte ? Die Bronzefiguren (bis zu 40 cm Höhe) der Nuraghen-Kultur entstanden mehrheitlich zwischen dem 9./6. Jh. v.0. Einige martialische Statuen stellen bewaffnete Krieger mit Pfeil und Bogen und Hörnerhelmen dar, andere Bogenschützen und Boxer. Dann gibt es noch die Giganten vom „Mont'e Prama“ (Westküste), den ehemals freistehenden großen Sandsteinskulpturen (um 800/700 v.0). Es waren wohl, zur Zeit des Eindringens der Phönizier, Ehrenmäler der Erinnerung an die mythischen Helden der Vorzeit. Es gibt bronzene Nuraghen-Figuren, wie der sog. „Dämon von Teti“ (mit vier Armen und vier Augen), die den bronzezeitlichen Hörnerhelmen der Felsbilder Schwedens und den beiden bronzezeitlichen dänischen Hörnerhelm-Funden (Nat.-Mus. Kopenhagen) auffallend gleichen. Die Figuren sollen erst aus dem 9. Jh. v.0 und später stammen, aber die Sarden trugen - wie wir hörten - mindestens schon im 12. Jh. v.0 die Kriegshelme mit den Stierhörnern, dem Attribut des Himmelsherrn. Die Phönizier sind aus den nordischen „Seevölker“-Philistern hervorgegangen, sie können auf Sardinien kaum auf prinzipielle Ablehnung gestoßen sein, denn wenn auch Sarden-Verbände für den Pharao gekämpft haben - es waren Söldner oder gepresste Gefangene - für die Mehrzahl der Inselbewohner muss Ägypten als eine die schwächeren Nationen versklavende Großmacht gegolten haben, und die Philister-Phönizier waren den Ägyptern ebenfalls nicht gewogen. So dürfte sich zwischen den beiden Seefahrer-Völkern ein zufriedenstellendes Zusammenspiel entwickelt haben. 
 
Die vielen Übereinstimmungen von Megalith- bis Bronzezeit zwischen nordischen mit nordspanischen und sardinischen Spiral- und Stieropferkulturen zeigt die große, uralte geistige Verbundenheit der sonnengläubigen Völkerfamilie auf. Die Spiral-Sonnensäulen sind in den Höhlenritzbildern Sardiniens (Abb. 3) ebenso anzutreffen, wie die sardischen Figuren mit Endknaufhörnerhelmen die wir aus der Bronzezeit Schwedens kennen. Die hervorragende Rolle des Pferdes/Sonnenpferdes, wie es der skandinavisch-germanische Norden kennt, ist in Sardinien nicht festzustellen. Und wie die maltesischen Spiral-Symbole einzuordnen sind, ist noch offen, dort gibt es offenbar keine Indizien für eine Beeinflussung durch Ausläufer der atlantisch-megalithischen Sonnenreligion.
 
Atlantisch-nordische Sonnen-Kultur
 
Abb. 4 - Sonnenstier im kosmischen Schiff, Felsbild (Papierabrieb) Bronzezeit, Bohuslän/Schweden
 
Abb. 5 a - Stieropfer-Szene vor Sonnenspiralsäule im Felsbild (Papierabrieb) von Bronzezeit, Bohuslän/Kasen/Schweden
 
Abb. 5 b - Stieropferkopf auf Pfahl aus „Domus de Janas“, Bonorva/Nordwestsizilien
 
Abb. 6 - Gleiches Doppelwendel-Zeichen wie vom Knowth-Hammerkopf
tragen die bronzeitlichen Gewandspangen aus Bohuslän/Schweden
 
 
Abb. 7 - Gleiche Doppelspirale in zentrischen Kreisen vom Felsbild Bardal/Steinkjer/Norwegen;
eigener Papierabrieb, 1987 
 
Abb. 8 - Ähnliche Doppelspirale als Jahresschema mit Jahrgott zwischen Symbolen für Aufgang und Abgang (Sonnenpferd + Totenschiff), Region Ryland/Bohuslän/Schweden; eigener Papierabrieb, 1987
 
Heilszeichen Sonnenlauf-Doppelwendel
 
Abb. 9 - Sonnenkult-Brillenspiralen (Bronze, ca. 15 cm) aus der mittleren bis jüngere
Bronzezeit und ältere Eisenzeit, trugen über Jahrhunderte die europ. Frauen als Halsschmuck -
15./6. Jh. v.0. - z.B. bayerische Fundplätze
 
Abb. 10 Schwertfund von Kehmstedt / Kr. Nordhausen / Thüringen, mit Sonnenemblem, darin 6 Kreise (Mus. Halle / Saale)
 
Abb. 10 a bronzenes Vollgriffschwert von Grandson-Corcelettes / Neuburger See, schweizer Kanton Waadt. (beide Funde spätbronzezeitlich / urnenfelderzeitlich, 1.300 bis 1.100 / 800 v.0).
 
Abb. 11 - Mykenische Grabstelen (Schliemann-Funde) von der Akropolis -
Mit Kampfwagen gerüstete Ionier-Mykener-Achäer aus dem Norden
verdrängten die Pelasger und brachten die Helios-Apollon-Religion in die Balkan-Halbinsel.
 
Abb. 12 - Der Ohrring von Mykene
thematisiert das gleiche Zeichen (Mus. Louvre, Bj135)
 
Abb. 13 - Mykenische Schale von Zypern mit Sonnen-Säule, 1.200 v.0,
„Typ III. c, rude Style from Larnaca“, Mus. Larnaca/Zypern (gesehen 2000)
 
Paphos ist eine südwestlich Hafenstadt auf der Insel Zypern. Rund neun Kilometer nördlich der Stadt liegt „Maa Palaiokastro“, die älteste, schon bronzezeitliche  Siedlung der Region. Dort wurde ein „Museum der mykenischen Kolonisation von Zypern” eingerichtet. Die ersten Siedler - es waren mykenische Frühgriechen - ließen sich hier um 1.200 v.0 nieder. Die bauten eine mächtige Burg mit Zyklopenmauern hoch auf dem Felsen, die um ca. 1150 v.0 endgültig wieder aufgegeben wurde. Mit Ankunft der Achäer kam es auf Zypern zu Wohlstand und zur kulturellen Blüte: Zypern entwickelte Handelsbeziehungen zum Mittelmeerraum, wobei die Beziehungen zu den Bewohnern der Ägäis und zu den Philister-Siedlungen des heutigen Palästina („Syro-Palaestinian“) am engsten waren. Nach und nach wurde ganz Zypern hellenistisch. Überaus bedeutend für den Handel war für die Bewohner das Kupfer. Die wichtigsten Kupferminen gab es an den Nordosthängen des Troodosgebirges. Bei „Maa Palaiokastro“ fand der griech. Archäologe Porphyrios Dikaios 1952 den schmalen Becher mit einer Malerei (Abb. 13), die bisher als einziger Fund zu bezeichnen ist, auf dem eine Himmelssäule der Gattung „Irminsul“ gedeutet werden darf.
 
Nikosia-Museum/Zypern: Elfenbeinobjekt (Handspanne breit) in Form von 2 Voluten, an Enden nach unten eingerollt; zwischen beiden das Dreiwinkel-Zeichen wie es Palmette vom Externsteinrelief vorführt (Zeitangabe: 14. Jh. v.0). Aus „Cypro-geometric I. period“ (1.050-950 v.0) Palmbaumdarstellungen im Lebensbaum-Schema, flankiert von Vögeln und Tieren, doch in „gewendeter Ankerform“, die an Himmelsstütze erinnert. In „Cyproarhaic I. period“ (750-600 v.0) wiegt der Lebensbaum-Dattelpalm-Charakter vor. Stierdarstellungen mit Sonne und Mond auf Stirn aus „Classic II. period“ (400-350 v.0).
 
Abb. 14 - Frühmittelalterliches zyprisches Kapitell,
aus dem der alte gnostische Sonnenglauben spricht -
„Cyprus Medieval Museum“, Limassol - eigenes Foto, 2000 
 
Marcion von Sinope (85-160) war Gründer eines vorkatholischen Christentums, der das erste „Evangelium“ schrieb. Er schlug sein Hauptquartier in Zypern auf. Die von ihm aufgebauten „wahren Christengemeinden“ hatten bereits drei Jahre später eine Mitgliederzahl von 500.000 Menschen erreicht. Zu ihrem Symbol wählten sie sich das „rote Dornenkreuz“ (auch „Marcioniterkreuz“, „Templerkreuz“, wie „Eisernes Kreuz“). Markions „Evangelium“, mit dem Titel „Antitheses“, brachte ihm den Gemeindeausschluss der romstädtischen Christensekte und seine Ermordung ein. Während die „Scheinchristengemeinden mit ihrem Pharisäergeist“, neben dem Christus seinen angeblichen „Vater Jahwe-Schaddai“ zu den Völkern brachte, standen die Marcioniten für eine säuberliche Trennung der Gegensätze. Er definierte einen systematischen Unterschied zwischen einem guten Gott der Liebe seines „Neuen Testamentes und einem rachsüchtigen, bösen Gott des Alten Testamentes“. Die nach seiner Ermordung führerlosen marcionitischen Urchristengemeinden erlagen endgültig im 7. Jh. den „römischen Scheinchristen“ in einem mehrere Generationen währenden Vernichtungskampf. Die Welt gehörte fortan der verfälschten christlichen Romkirche. Ein schrecklicher Triumph der Dunkelmächte, denn ohne die verfälschten Kirchen hätte man den Rachegott einem Großteil der Menschheit wohl kaum als attraktiven Bibel-Gott präsentieren können. Die Folgen sind - wie einige heutige Lehrmeinungen bekunden - zur Genüge bekannt: Kreuzzüge, Inquisition, Ketzermorde, Sachsenblutbäder, Hexenverbrennungen, Kolonialgemetzel in Mittel- und Südamerika und Indien, wie auch die Massentötungen an Indianern, Juden, Japanern und Deutschen.
 
 
Abb. 15 - Keltische Kanne mit solarem Doppelwendel aus einem hallstattzeitliche Tumulus / Steiermark
 
 
Abb. 16 - Germanischer Goldbrakteat (religiöses Amulett) der Völkerwanderungszeit,
5./6. Jh., „IK 50 Raum Esrum sø-C“/Dänemark. Das Brakteatenbild zeigt - neben dem Hauptmotiv
- einen Erilar der einen Brakteaten in linker Hand hält. Flankiert wird er von den uralten Sonnenheil-Zeichen.
 
Die Doppelspirale als sog. „Antennenschwert“-Heft ist unverkennbar ein solares Bekenner-Sinnzeichen, also ein Amulett von apotropäischer Wirkung für den Schwertträger (Abb. 10). Die Waffe wurde als  Sonnen-Schwert gestaltet, mit der die bronzezeitlichen Sonnen-Krieger in den Süden zogen, um unter dem missionarischen Motto die Sonnenreligion des Helios-Apollo in den Balkan, die Peloponnes und bis vor die Tore Ägytens zu tragen. Nur den Menschen kommt das unglaubwürdig vor, die nämlich das immer wiederkehrende politische Treiben auf unsere Erde nicht durchschaut haben. Jede Eroberung wird als ein quasi religiöser Akt legalisiert, obwohl es in der Regel um Beutemachen und Landgewinn der Herrschenden geht. Nichts anderes trieb die Christenkirche zur Weltmission, die europ. Mächte zum Kolonialismus, die Russen zur Eroberung Asiens, die Engländer und Franzosen zur „Entente“ und zum Raubkrieg gegen das Deutsche Kaiserreich, die „Nazis“ zur Revanche für „Versailles“, die Bolschewiken zur Idee der proletarischen „Weltrevolution“, die „Alliierten“ zum „Kreuzzug“ gegen das deutsche „Dritte Reich“ und die diversen US-Administrationen zum weltweiten militärischen Eingreifen, wo immer strategische Interessen und Ressourcen hinlocken. Und alles unter den moralichsten Beteuerungen und den heiligsten Emblemen. - Ein anderes Sinnzeichen der nordischen Schwertmission jener Urnenfelder- und Seevölker-Bewegungen in Richtung Mittelmeer war der apollinische Schwan, der auf den Beinschienen der Krieger und anderen Rüstungen, im Bereich der Kleinfunde und Keramiken äußerst vielfältig auftaucht.
 
 
Abb. 17 - Der altnordisch-atlantische bronzezeitliche Himmels-Hammer-Sonnen-Gott
von Vitlycke in Bohuslän/Schweden) segnet das Ehepaar, 
Chlorophyll-Papier-Handabrieb, 1981, G. Hess
 
Über dem Haupt der größeren Gottesgestalt ist das Radkreuz, das Sinnzeichen der Sonne, eingeritzt, dem auf dortigem Platz die Aufgabe zugewiesen wurde, den Gott als Herrn der Sonne zu markieren. Weil dieser Bildbereich etwas schwächer geritzt ist, musste ich derber abreiben, wodurch obere Teile etwa gründunkler wurden, was ohne weitere Bedeutung ist. Der bronzezeitliche Sonnen-Hammer-Gott von Vitlycke trägt die gleiche Schlagwaffe wie sie der Hammerkopf vom irländischen Knowth darstellt -, noch nicht den/die Kult-Doppel-Hammer/-Axt vom kupfernen Typ Zabitz aus dem Ende jüngerer Steinzeit (2.300 - 2.100 v.0). Obwohl die Doppelaxt als alteurop. Heilszeichen schon damals - oder nicht viel später - als bekannt anzunehmen ist. Eine kultische Prunkaxt mit zweiseitig zugeschliffener Steinklinge wurde 1999 bei einer Tauchgrabung am Zuger­see / Nordschweiz gefunden. Nach C 14-Analysen ist sie 6.000 Jahre alt. Diese älteste Dop­pelaxt besitzt einen 117 cm langen, mit Birkenbändern umwickelten und mit eingesticheltem Muster fein verzieren Holm, der zum Schlagen völlig ungeeignet wäre. In ca. 5.000 Jahre alten norddeutschen und dänischen Megalithgräbern (z.B. Højslev/Viborg) fanden sich Tausende, aus Bern­stein zier­lich gefertigte Doppeläxtchen und Doppel­hämmerchen, als Glieder von Schmuckketten. Große steinerne Äxte und zweiseitig geschweifte „Amazonenäxte“ stammen ebenso aus der Epoche der indogermanischen Trichterbecherkultur.
 
Dass die aus dem mitteleuropäischen Süden bis von der Nordsee in die Balkanhabinsel eingewanderten Frühgriechen, die Ionier, Mykener, Achäer (später kam es zur Wanderung der Dorer) den nordischen Weltsäulenkult kannten und ausübten, scheint plausibel gemacht zu sein, durch den zyprisch-mykenischen Fund von „Maa Palaiokastro“ (Abb. 13 - aus 1.200 v.0. - Dekor der Säule mit Sonnenspiralen) und dem kultische Erbe der „Ionischen Säulen“, mit den Doppelspiral-Kapitellen, welche durch die frühen Griechen (Ionier/Mykenier/Achäer) errichtet worden sind.
 
Sonnen-Heilszeichen bis in die Bau-Euphorie des 11./12. Jh.
 
Seit über 7.000 Jahren währt die europäische Sonnenreligion, die ihren Ausgang nahm aus den doggerländischen Urbezirken des nordischen Menschentums. Ganz allein hier, in den kurzen Sommern, den nebelschweren Herbst- und Frühlingsphasen und den lebensbedrohenden Eiswintern bildete sich die menschliche Sehnsucht nach Licht und Wärme und die Anbetung des Sonnenheiles heraus, mit der einhergehenden Hoffnung auf bessere Lebensumstände in den klimatisch verwöhnten Südländern. Bis heute hat sich daran nichts geändert. So weißhäutig und blond wie die Menschen im Norden geworden sind, waren ihre Heroen und galten ihnen auch ihre Götter. Ihre urgöttliche Mutter war ihnen die „weiße Göttin“, die Birkenmutter, die in ihren pflanzlichen Erscheinungsformen bis hinauf an die Eisgrenzen hinwuchs. Sie, die Spenderin allen Lebens, änderte ihre Erscheinungsbilder - wie auch die aller ihrer Geschöpfe - in zirkulierenden Dreierrhythmen. Aus dem zarten jungfräulich hellgrünen Knospen der weißhäutigen Schöne und dem bräutlich weißen Blütenrausch vieler ihrer Pflanzengeschwister, gedeiht sie zur herbstlichen Reife und Röte bis hin zu den fruchtigen Köstlichkeiten ihrer Pflanzenkinder, um dann im blattentleerten Gewande der dürren Greisin, die kahlen, dunkelnassen Äste beschwörend zum Himmel zu erheben, um die Rückkehr aller guten Strahlen zu beschwören. Alles Leben ist in den endlosen Reigen gespannt von Geburt, Liebe, Tod und Wiederauferstehung. Ebenso erscheint uns das Mondlicht und das tägliche und jährliche Sonnenheil, in seinen zuverlässigen Pendelschlägen, als Bestätigungen für das Wirken eines guten Gottes in den Höhen. Die Aufmerksamkeit der erkennungssüchtigen Beobachter galt dem Himmel mit allen seinen frohen Verkündungen und nächtigen Sternengeheimnissen. Aus den Beobachtungen kristallisierten sich Schlüsselbilder heraus die zu religiösen Symbolen und Erkennungszeichen und Wappen der Gläubigen wurden. Dazu gehören vornehmlich das Sonnenkreuz, Radkreuz, Schweifkreuz, Tupfenkreuz, zentrische Kreise, Sonnenrauten und Sonnenspiralen in zusammenschwingenden oder sich abwendenden Wendelköpfen. Karl Hauck nennt in „Gemeinschaftsbildende Kulte der Seegermanen“,1980, diese Spiralen auf den mittelalterlichen Geleitmünzen (Brakteaten) die Symbole Baldurs (Abb. 14). Dem skrupellosen, machtversessenen und deshalb terroristischen christlichen Mönchstum ist es im Mittelalter gelungen, die altreligiösen Heilszeichen schamlos zu usurpieren. Das helle Sonnenkreuz wurde zu einem düsteren Marter- und Todeskreuz willkürlich verfälscht, ist es doch so gut wie sicher, dass der galiläisch-sadduzäische Zimmermann, jener christliche Kunstgott, keinesfalls an gekreuzte Bestrafungshölzer gehegt wurde, sondern an einen Marterpfahl (griech. σταυρός/staurós). Im griechischen Text der umfangreichen Schriften, die das „Neue Testament“ bilden, ist kein einziger Satz zu finden, der auch nur andeutungsweise den Beweis liefern könnte, dass es sich bei dem im Falle Jeshua/Jesu verwendeten sog. Pfahl um etwas anderes als einen gewöhnlichen Pfahl gehandelt habe.
 
Die genannten Zeichen der europäischen Sonnenreligion sind also seit über 7.000 Jahren im Gebrauch, bewusst oder unbewusst. Die gleichen Sonnensymbole wie wir sie schon bei den irischen Heiligtümern von Newgrange, Dowth und Knowth finden, finden wir auf den Erzeugnissen der jungsteinzeitlichen Mondseekultur (3.800-3.300 v.0) im ostalpinen Raum des oberösterreichischen Salzkammergutes. Taranis, der keltische Jupiter des Himmels und des Donners trägt als Statuette (Le Chatelet, Gourzon, Haute, Marne) die Doppelspiralen und das Sonnenrad bei sich. Von Hallstadt- und La-Téne-Zeiten bis zum Mittelalter finden wir die Sonnensymbolzeichen auf Keramiken und zahllosen Kleinkunstwerken der germanischen Brakteaten (z.B.: Sievern-C, Sievern-A, Sievern-Moosmoor III, Sievern-Moosmoor VI, Obermöllern, Tjurkö-A, Skrydstrup-B, Gerete-C, Fride-C, St.Gilles’-Field-A) und Fibeln, Gürtelschnallen und Steinmälern. Die oftmals gelb ausgemalten Kerbschnnitt-Doppelspiralen auf den Eckständern der alten hessischen und fränkischen Häuser künden bis heute vom Sonnenglauben der vorchristlichen Ahnen, ebenso wie die Sonnenspiralen die sich um die Torbögen der westfälischen Bauernhäuser schlingen.
 
Und auch die Opferung des Sonnen-Stieres geörte zum Sonnenkult. Bei den Griechen sind ie Stieropfer bis in die geschichtliche Zeit gut belegt. Für den germanisch-bronzezeitlichen Norden belegt mein Felsbild von Kasen (Abb. 5 a) das Stieropfer vor der Sonnen-Spiralsäule. Die Sarden stellten das Thema der Stieropferung in vielerlei Gestalt in ihren Nekropolen dar (Abb. 5 b). Der Atlantisbericht des Platon berichtet vom Stieropfer an der Gottessäule. Auch die Kelten kannten die Stieropfer. Die Mistelernte der Druiden fand am 6. Tag des Mondzyklus statt. Sie wurden von weiß gekleidete Druiden mit einer goldenen Sichel geschnitten und in einem weißen Tuch gesammelt. Danach wurden zwei weiße Stiere, deren Hörner erstmals unters Joch gespannt wurden, geopfert. In römischer Kaiserzeit übte das Stieropfer der Mithraskult der elitären militärischen Männerbünde. Im Bildmaterial der mittelalterlich-germanischen Kleinkunst - Karl Hauck spricht von der „Brakteatenreligion“ - werden die üblichen Stieropferungen durch eine traditionelle Bildformelsprache thematisiert. Und der Sonnenbezug dokumentiert sich in den Doppelspiralen diverser Formen, zusätzlich in aufgelöteten Applikationen und dem Leitmotiv des immer wiederkehrenden Hakenkreuzes. Im runischen ODING-Kalendarium findet mit dem 23. Stab zu Mitte November die Stieropferung ihre Todesmarkierung mittels des auf den Kopf gestellten Gehörnbogens. 
 
Das lange Überdauern des Altheidentums versuchte die Kirche möglichst zu leugnen, um sich in ihrem vermeindlich frühen Sieg über die Geister zu sonnen. In Wahrheit sind die Heidenheiten nie ganz überwunden worden und wucherten in Gestalt von Brauchtümern, Sagen und Märchen, auch in der geheimen Alchimie des Mittelalters, weiter bis in unsere Zeit, in der ein bewußtes Neuheidentum erwachte. Die jahrtausendealten Sinnzeichen des Heidentums sind bis heute für jeden aufmerksamen Sucher zu finden, der davor seine Augen nicht verschließt. Die Bauornamentik des germanischen Baustiles, den man den romanischen nennt, ist eine ergiebige Fundgrube. Bruno von Würzburg (um 1005-1045) aus Kärnten, war von 1027 bis 1034 Kanzler für Italien und ab 1034 dann Bischof von Würzburg. Unter ihm begann ab 1040 der Neubau des Würzburger Domes St. Kilian. Er kam beim Festmahl durch den Zusammenbruch eines Gebäudes ums Leben. In seiner Zeit entstanden viele Dombauten, man sprach von einer Bau-Euphorie. Unter den Kaisern Konrad II. der Ältere (990-1039), König von Italien und Burgund sowie dem folgenden Kaiser Heinrich III. (1016- 1056) wurde das Reich ausgebaut und die Kaiserpfalz Goslar errichtet. Allen diesen Bauten sieht man noch die energische Auseinandersetzung mit dem Volksheidentum an. Die Außenfriese des Würzburger Doms sind voller irminsulischer Spiralsäulen-Reliefs und auch die Mauer der Goslarer Kaiserpfalz zeigt bis heute ein gleiches Bild. Noch unter dem folgenden Kaiser Heinrich IV. (1050-1106), während seines Sachsenkrieges, wurden überraschend starke heidnische Kräfte sichtbar und gleichzeitig griff das Reformpapsttum verstärkt ins profanpolitische Leben ein, während die Benediktiner-Mönche ihren Kampf gegen die rundum im Volk herrschenden altheidnischen Sitten und Gebräuche ebenso führten, wie gegen die ihnen heidnisch erscheinenden Kaiser, die zwar nicht altheidnisch dachten, doch im Interesse des Reichsbestandes zu wenig papsthörig, denn die Mönche fochten für die Anerkennung der Oberhoheit ihres Papstes über die weltlichen Herrschaften. In den vielen baulichen Hinterlassenschaften der Benediktiner in dieser Zeit - zu denen auch das Relief am Externsteinfelsen gehört - tritt die aktive Schmähung des Heidentums und seiner Symbolismen zutage, was völlig unverständlich bleiben müsste, hätte es damals keine altheidnischen Kräfte mehr gegeben.
 
 
    Heidentum - Christentum - Gnosis
 
Gemeinhin sehen die meisten Menschen nur den groben Unterschied zwischen Heidentum und Christentum, außer Acht gelassen wird dabei, dass es so viele unterschiedliche Heidenlehren gab wie unterschiedliche Christenlehren und untereinander waren etliche Schulen heftig zerstritten. Wir kennen ja die bösartigen Schriften beispielsweise des Kirchenlehrers Tertullian (150-220), der den „Ketzer“ Marcion als „Ratte vom Pontus“ beschimpfte. Die Sieger einigen sich jeweils auf die Art der Geschichtsbetrachtung, so verhält es sich auch bezüglich der Geschichte des Christianisms. Die Wahrheit sieht in aller Regel sehr viel anders aus. Und doch kommt sie ebenso in aller Regel zu irgendeinem späteren Zeitpunkt ans Licht. Die niedergebeugte nordische Lichtreligion bzw. die „Religion vom guten Lichtgott“ ist heute in etwa zu rekonstruieren, so dass wir die großen Zusammenhänge der Entwicklung zum schönen Teil wieder zu überschauen vermögen.
 
Die Paulinianer, die Saul-Paulus mit seinen Reden und Briefen erreichte, betrachteten die Gruppen der Marcioniten, Valentinianer, Basilidianer, Satornilianer als außerhalb ihrer Gemeinde stehend, während die Genannten gemeinsam die paulinischen Lehren ablehnten, wozu sie guten Grund fanden, blieb doch wohl bekannt, dass Paulus mit den Uraposteln heftig im Streite lag, in Jerusalem, Antiochien, Galatien usw.. Der Gnostiker Kerdon schätzte den AT-Gott als Satan ein, wie auch Marcion ihn als Satan-Ahriman erklärte. Mehr oder minder lehnte die gesamte Gnosis den „verfluchten Gott des AT“ ab und stellt ihm den transzendenten oder unbekannten „guten Gott“ gegenüber. Marcion schrieb das Urevangelium, ein Werk das zwar von seinen römischen Gegnern verworfen wurde, aber dazu herausforderte, ihm eine eigene „legitimierte Schrift“ entgegenzustellen, was in 2. Hälfte des 2. Jhs. durch einen Kreis von römisch-katholischen Architekten geschah, die in verlegerischer Manier die weit verstreuten Schriften der verschiedenen Gemeinden redigierten und zum „Neue Testament“ zusammenschrieben.Auch sollte eine neue „Weltgeschichte“ neben die heidnischen Weltdeutungen gestellt werden, die vermögende Griechen und Römer in ihren Bibliotheken hatten. (Prof. für Biblische Theologie Matthias Klinghardt, „Das älteste Evangelium und die Entstehung der kanonischen Evangelien“, 2015)
 
Abb. 18 - Mykenischer Männerkopf aus „klassischer Periode“,
Museum Larnaka/Zypern 
 
Es gibt viele Wahrheiten unserer Erdenwelt, sie durchweben einander, ergänzen sich, andere scheinen sich zu widersprechen, indem sie an die Relativität sämtlicher Erscheinungsformen gemahnen. Im sonnensüchtigen europäischen Norden wuchs dem Mensch eine starke Sehnsucht nach dem göttlichen Licht ans Herz. Und er erkannte, dass es einer ewigen guten Wiederkehr folgte, dass es eine wohlwollende kosmische Ordnung gibt -, und der Mensch nannte sie „Gott“. Die lebensfeindliche Dunkelheit und die Kälte, die in langen Wintern das Leben würgte, erwiesen sich als Gegenpart der himmlischen Huld, sie bekleideten die Denker und Dichter mit Gestaltungen von Trollen und Drachen. Um die Ordnung zu erhalten, um die Macht der Dämonen nieder zu halten, bedarf es der herrlichen Kräfte, weshalb dem Herrgott ein Streithammer in die Hand gelegt wurde. In die langen Sommer des Südens trieb es die Hyperboreer, ihre Geistgestalten des Lichtes und der Ordnung und die Wanderschwäne Apollos zeigten ihnen die Wege. Ihre Sinnzeichen waren die Wendel und Doppelwendel als Bilder des Heilsweges jährlicher Sonnenbahnen. Beim Nordstern, unter der Himmelskuppel, war eine Kraftsäule zu vermuten, die den Himmel stützt, damit er nicht auf die Erde hinabfiele. Damit deren Festigkeit niemals abnehmen solle, wurde ihr Jahr für Jahr vor dem Kultsäulenbildnis das Opfer eines Stieres dargebracht. Opferblut musste rinnen zur Welterhaltung. Die nordischen Sonnen- und Säulenvölker zogen in immer neuen kraftvollen Menschenströmen in die Südländer des blauen, warmen Meeres. Dort errichteten sie ihre ionischen Säulentempel, sie wurden selbst zum Licht der Welt, ihr Kunstschaffen und ihre Wissenschaften schufen die Grundlagen für den europäischen Kulturkreis und schließlich für die moderne Weltgesittung. Meister der Schifffahrt waren sie auch, das lag ihnen im Blut, als Küstenjäger aus atlantischem Herkommen. Sie gelangten zur Peleponnes, segelten nach Kreta, nach Rhodos und Zypern und an die Gestade Amurrus, wo sie mit den Ramessiden um die Herrschaft Ägyptens kämpften. Fortan gehörte ihnen über Jahrhunderte das Mittelmeer, als Philistermeer, von Kanaan bis zur Bucht von Gades, bei den „Säulen des Herakles“. Helden und Lichtsucher wurden geboren, wir hören die Gesänge, Sagen und Mären ihrer Taten und ihrer Opfergänge. In Kanaan, dem Philisterland oder Palästina, war Einer, als dort die Römer herrschten. Über den redeten die Nachfolgenden mehr als Mitmenschen von ihm geredet hatten. Er sei als Christos eines Opfertodes gestorben, predigte einer der ihn nur vom Hörensagen vernommen hatte. Das aber verstanden die Zuhörer gut, stand doch das archetypische Bild vom „Stier an der Opfersäule“ in ihrem Erberinnern. Und starke Hoffnungen auf Erlösung von Dämonen der Dunkelheit erfasste die Menschen im Morgenland. Viele wurden wach, viele wurden geweckt. Schelme und Schurken nutzten für ihre eigenen Zwecke die Bewegung, sie fälschten und verbogen, wie es des Menschengeistes Spiel- und Spottwillen immer getan hat. Doch auch wahre Gottes- und Heilsucher folgten dieser Spur. Einer hieß Marcion, der eine wahre Ur-Christenkirche aufbauen wollte, denn die Idee des erlösenden Apollon, oder Sol, oder Mithras, oder Christ war nie erloschen. Zur Insel der Liebe, nach Zypern, fuhr er, wo die wunderbare Aphrodite, die Göttin der körperlichen Erfüllung, dem glitzernden Meerschaum der Sonnenstrände entstiegen sein sollte. Zypern war das helle, heilige quirlige und geschäftstüchtige Zentrum im Philistermeer der Einwanderer aus den Nordlanden. In der Urzeit schon hatten sie hier ihre Zyklopenmauern errichtet, um Burgen auf hohen Felsnasen, die weithin in die schimmernden Wellenberge träumten. Und sie hatten die Abbilder ihrer Himmelssäulen gebaut und liebevoll auf ihre Töpferwaren gemalt, in die Steine gemeißelt, wie stille Gebete und auch Aufschreie nach noch mehr Licht, dass auch Helle und Heile würde in den Köpfen der Dunklen. Hier sammelte Marcion eine Gemeinde der Wahren und Echten um sich. Ein „Altes Testament“, das voller Irrtum, Schande und Fälschung war, verwarf er, das sollte nicht Wegweiser seiner wahrhaft Erlösten sein, sie sollten auch von diesem allzuirdischen „Gesetz“ erlöst sein. Er schrieb das Urevangelium, er reiste nach Rom, um es der dortigen Christgemeinde vorzustellen. Doch dort waren die Anderen am Werk, die Großstädtischen, die Bezahlen, die Abgefeimten, die Gedungenen, denen es nicht um die Welterleuchtung und das Lichterbringen ging, sondern, um eigenen privaten Anteil am Wohlleben und um des niederen Vorteiles willen, Macht über die Menschenherzen zu ergattern. Längst hatte der Dunkelheitstroll, der irdische Satan, seine gierigen Finger im römischen Ränkespiel. Diese begannen zu rechten, zu richten, zu rabulieren, von richtigem Katholizismus und von falscher Gnosis zu schwadronieren. Für Marcion und die Marcioniten besaß der Christ keine leibliche Gestalt, war vielmehr ein energetisches Geistwesen, das an kein Weltenkreuz hätte je geheftet werden können. So war ihr Christentum ein konzeptionell gnostischer Lichtkult, wie er sich in ihren Zeugnissen, den Sonnenspiral-Kapitellen und Spitzenkreuzen bekundete. Rom hatte nie die geistige Wahrheit, es hatte immer nur die weltliche Macht ! Markion ist in Rom ermordet worden, so wie viele Lichtritter vor ihm und nach ihm, bis auf den heutigen Tag. Aber die Urkirche der Marcioniten von der „Insel der Liebe“, von Zypern, bleibt uns lichtsuchenden Menschen ein Vermächtnis von dem wir nicht ablassen wollen und dürfen, denn die Hoffnung auf „mehr Licht“ gleicht dem täglichen verheißungsvollen Sonnenaufgang, jenem besten Bilde das beglückte Menschenaugen in ihre lichtsüchtigen Seelen saugen dürfen.