DER ODERMENNING
 
 
Eine alte gallogermanische Heilpflanze, die insbesondere in Mittel- und Nordeuropa verbreitet ist, bevorzugt Waldränder, sonnige Plätze und wächst gerne entlang von Holzzäunen. Er war sehr geschätzt als Wundkraut und Heilpflanze gegen Schlangenbisse. Die wichtigsten Heil- und Inhaltsstoffe sind Gerb- und Bitterstoffe, ätherische Öle, Triterpene, Flavo­noide, Vitamin B und Kieselsäure. Odermenning hilft Wunden zu heilen, ist aber vor allem ein hochwirksames Mittel gegen Nieren-, Leber-, Gallen- und Milzerkran­kungen. Hervorge­hoben wird seine Wirkung bei Gallensteinerkrankungen, Gelbsucht und Harnsäureab­la­gerungen, Hautproblemen, Gedächtnisschwund. Bei Stauungen und Entzün­dun­gen an den Schleim­häuten, z.B. bei einer Halsent­zün­dung, wird er als Gurgel­mittel eingesetzt. Der Odermenning wird auch das natürliche Kortison genannt. Bei Rheu­matismus, Gliederschmerzen, oder schwer heilenden, eitrigen Wunden werden die pulve­risierten Blätter mit Schweine­schmalz zur Paste vermischt. Aus der frisch zerquetschten Pflanze werden auch Breium­schläge gemacht. Der Aufguss wird mit 1 Esslöffel auf 1 Tasse Wasser zubereitet, muss kurz aufkochen und 10 Minuten ziehen. Man trinkt täglich 2 Tassen, äußerlich wendet man den Sud bis zu 4-mal täglich an. Schon in der griech. Antike war er sehr ge­schätzt, als ein von Pallas Athene geweihtes Kraut.
 
Die 30-70 cm hohe Pflanze besitzt haarige, aufrechte, wenig verzweigte Stengel, welche graugrüne, gefiederte, gezähnte Blätter tragen. Von Juni bis September er­scheint eine der Königskerze ähnliche Blütentraube, die kleine, goldgelbe, in länglichen Trauben angeordnete Blüten zeigt. Vor und während der Blütezeit wird das Kraut gesammelt.
 
Der Pflanzennamen ODERMENNING stammt fraglos aus der altheidnischen Vor­stellungswelt in der das
Wort „Od“ für das Heilige, Gute, Heilbringende, bis hin zu den Gottesbegriffen „W-Odin“, „Oding“, „Odem“ (für den verlebendigenden Atem), Verwendung fanden. „ODERMENNING“ ist aus drei Einzelbegriffen zusammengesetzt: 1.“Od“ für das „Heil“, 2. „Menn“ für „Mensch / Mann“ und 3. „Ing“ für „Nachkommenschaft / Kind / Jugendlicher“; Somit heißt ODERMENNING eigentlich ursprünglich „Kind des Heil­mannes“, wobei man unter „Heilmann“ nur Wodan-Wodin also den Heilgott selbst verstehen darf.
 
Die Pflanze genoss höchstes Ansehen; auch Walahfried Strabo, der kräuterkundige Abt des Klosters Reichenau am Bodensee, besang sie in seinem Gedicht „Hortulus“ im Jahre 827. In den mittelalterlichen Kräuterbüchern stoßen wir immer wieder auf Odermenning, so bei Matthiolus, der die Odermenning-Rezepte im Kapitel „Aus alten Kräuterbüchern“ behandelt. Hieronymus Bock (1498-1554) war ein deutsch-pro­testan­tischer Botaniker und Arzt, der als einer der ersten Wissenschaftler seiner Zeit eine umfassende Aufnahme und Beschreibung der mitteleuropäischen (Heil-)Pflan­zen vornahm. Seine Beschrei­bun­gen sind weitaus genauer und zutreffender als aller bisherigen Werke ähnlicher Art. Sein „Kreütter Buch“ erschien erstmalig 1539 in Straßburg. Unsere Heilpflanze lobte er mit den Worten: „Odermenning is das fürnembst Kraut der alten zu allen verstopfften Leberen.“ Auch schrieb er den ersten neuzeitlichen Ernährungsratgeber, 1540: „Teutsche Speißkammer oder was gesun­den und kranken Menschen zur Leibesnahrung gegeben werden soll“.
 
Odermenning ist eine alte Zauberpflanze, die im Mittelalter als Saat- und Ernte­orakel diente und auch für Amulette und Räucherungen benutzt wurde. Am Kar­frei­tag mit einem Werkzeug, das nicht aus Eisen sein darf, ausgegraben, bringt sie ihrem Be­sit­zer Glück in der Liebe (Schöpf, 121). Ludwig Bechstein bietet im 19. Jh. in seinen Hex­engeschichten das Rezept einer Wetterhexensalbe an, auf deren Inhalts­liste ne­ben Sanikel, Beschreikraut, Schwarzem Andorn und Teufelsabbiss auch O. ge­hört.
 
Odilgardt, eine mir befreundete Waldfrau, schrieb im November 2004 ins GOD-Forum: „Wer einmal sich auf den Weg gemacht hat, um Odermenning zu sammeln und ihn dann als Tee getrunken hat, wird sich jedes Jahr wieder auf den Weg mach­en und auf diesen Genuss nie wieder verzichten.“ Tatsächlich gilt ein bele­ben­der und wachmachender Sud aus Odermenning in Skandinavien als „Tee des Nor­dens“, oder „Tee der Wälder“. Odermenning wird oft auch als „Nordrose“ bezeich­net. Zwar ist seine Schönheit mit seinen behaarten Stengeln eher derberer Art, aber seine Heil­kraft wird in den Nordlanden geschätzt. Meist werden Oder­mennigblüten mit etwas Honig und heißem Wasser, manchmal auch mit „Schuss“, als gut wir­ken­des Auf­putsch­mittel getrunken, das es seinem Genießer ermöglicht, ohne Probleme eine Nacht ohne Schlaf auszukommen.
 
Ein mit Odermennig versetzter Wein schmeckt nicht nur kräftigend, sondern ver­hin­dert auch das Entzünden noch so klaffender Wunden. Wird eine Schnittwunde auch nur einmalig mit Odermennig-Wein behandelt, so gilt die Wunde als gereinigt und der Verletzte muss sich keine Gedanken über Wundbrand machen. Die Wirkung eines guten Odermennig-Weines ist gar so stark, dass ein Wundbrand, sofern er unmit­telbar am ersten Tag des Ausbruches damit behandelt wird, wieder spurlos zurück­geht und den Verwundeten verschont. In einer alten Schrift des Nordens heißt es: „Wunden, die dein Liebster nach der Schlacht heimträgt, verbindest du am besten mit Leinen, die du zuvor mit Wein getränkt hast, dem gut sieben Tage ein Strauß Oder­menning beigesetzt war. Und wenn er dann immer noch klagt über Schmerzen und anderes Unwohlsein, dann lass ihn auch trinken vom Tee der Wälder auf dass er neue Kraft erlange und alle Müdigkeit von ihm weiche.“
 
Lassen wir das Bild der Pflanze in uns wirken, betrachten wir den heilenden-heiligen Odermenning zuerst mit unseren physischen Augen und nehmen dann dieses Bild mit nach innen. Lassen wir den Odermennig in uns lebendig werden. Stellen wir uns vor, wie er sich im Wind bewegt, wie seine leuchtend gelbe Farbe in der Sonne erstrahlt. Lassen wir uns berühren von seiner Ausstrahlung. Wir haben gehört, Odermennig ist hilfreich bei Gallen- und Nierensteinen, bei allen harten und krustigen Ablagerungen im Körper. Spüren wir, wie der Odermenning in unserem Körper alte Verkrustungen erweicht, bejahen wir die Kraft und die Wirkung der Pflanze in uns. Verkrustungen weichen auf. Bejahen wir die Kraft der Od-Pflanze in uns und erleben, wie der Odermenning alte Ablagerungen und schlechte Stoffe zur Ausscheidung bringt. Dadurch werden Reizungen und Entzündungen gelindert.
 
Die Natur ist unser Freund und unser großes Vorbild. Sie möchte mit uns in Verbin­dung treten und uns helfen und dienen. Versuchen wir nun, eine Botschaft des Oder­menning für unser Leben aufzunehmen: Vielleicht gibt es auch in unserem Leben alte, uns übergestülpte judäochristlich-biblische Verhärtungen, Verkrustungen, Ab­lagerungen, Situationen oder Verhaltensweisen, die schon lange bestehen und noch nicht gelöst sind.
 
Eventuell sind sie durch Reizungen und durch Streitigkeiten mit unseren Mitmen­schen entstanden, die, wie eine Entzündung, immer wieder aufflammen können. Auch unsere Fehlhaltungen möchten erweicht und aufgelöst werden, und wir neh­men uns vor, dass wir heute beginnen, diese verkrusteten Strukturen zu lockern und zu lösen. Wir sehen und erkennen, was wir ab heute besser machen können, damit die Selbstheilungskräfte unseren Körper zu stärken und zu heilen vermögen.