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Die 13 - - Das Jahr - die Zeit im Auf und Ab
 
Die 13 stellt sich in der Volksmeinung als doppelwertige, als ambivalente Zahl dar; für die ei­nen ist sie Glücks-, für die anderen Unglückszahl. Dieser Umstand liegt zutiefst begründet in ihrer Entstehungsgeschichte zum Symbolbegriff. Aus dem wechsel­haf­ten Lichtgang des Mondes ist sie uns geworden. 13 Tage lang wächst er, nach 3 Voll­mondnächten der Lichtfülle nimmt er 13 Tage lang wieder ab. Am Ende steht der Tod und steht die Wiedergeburt.53 Diese ewig ge­schaute kosmi­sche De­mon­stration des synodischen Mondmonats legte den Zwiespalt in die Begriffs­be­stimmung dieser Zahl hinein. Ist es also „die heilige 13“ oder „des Teufels Dutz­end“ ? Das Wort des weisen Laotse bleibt so si­byllinisch wie die launenhafte Luna selbst (2. Buch, Kap. 50/115,116): „Austritt ist Leben, Eintritt ist Tod. Des Lebens Begleiter sind dreizehn, des Todes Begleiter sind dreizehn. Die tödlichen Stellen des Menschen sind eben­falls dreizehn. ...“54 Die 13. Karte im Tarot, den Orakelblättern des ägyp­tisch-hellenistischen Geistgottes Thot (Hermes / Mercurius / Wodin), zeigt das Bild des Todes, obschon dieser Begriff zumeist unbenannt bleibt; denn Kennern ist die Einsicht kund, dass es Tod im Kreis­lauf des Vergehens und Neuentstehens gar nicht gibt.55 Die 13 bedeutet auch hier ei­gent­­lich nur den Übergang in eine neue Seins­form. Für die Lebenden bedeutet der 13. Schritt den Weg in die körperlose Welt. Den Kör­perlosen aber heißt die 13 der Schritt hinein in die stoffliche Welt zur erneuten Wiedergeburt. „Fort­währende Um­wand­lung“, lautet der Verständniskern dieses Zahlensymbols. Damit ist sie das Auf­erstehungs- und gleichzeitig das Abstiegs­zei­chen, also das Zeit- und Jahres­sinnbild () schlechthin. Dem entspricht, dass die 13 ein Symbol des eranischen Zeitgottes und Göttervaters Zarvān / Zervan war bzw. des Aion („Ewigkeitsgott“) der „Licht-Zeit“. (Wege d. Forschung Bd. CCLXII, Kurt Rudolph, Gnosis und Gnostizismus, 1975, S. 293) Nach Lehre des Mani sind es 12 Aionen -, bildlich, 12 Eimer am Schöpf­rade der Zeit, welches der Dreizehnte, be­stehend aus 13 reinen Lichtgliedern, in Bewegung hält.
 
Der Regulator
 
Eine weitere kosmische Gegebenheit führt noch direkter in diesen Bedeutungs­rah­men. Die alten Völker nutzten lunisolare Jahresorganisatio­nen. Mond und Sonne produzieren das Jahr, doch zwischen 12 Mondläu­fen von 354 und einem Sonnen­jahrlauf von 365 Tagen entsteht eine Diffe­renz, welche durch einzuschiebende Schaltmonate ausgeglichen wurde. Nach zwei oder drei 12-Monats-Jahren musste also ein 13. als Schaltmo­nat eingegeben wer­den, so dass ein 13-Monats-Jahr ent­stand. Deshalb stellte erst der 13. Monat, der Besondere, die gültige rechte Zeit wieder her. Erst aus dieser sekundären Bedeutung gesellte sich der To­pos der „her­vorragenden 13“ zur Allgemeinbedeutung hinzu. Der 13. ist Führer von 12 An­hän­gern / Jüngern; er ist das Haupt einer nachgeordneten Schar. Eine bronzezeitliche schwed. Fels­ritzung (Ekenberg/Norrköping) zeigt eine Reihe von 13 Männern, er­kennbar an ihren Schwertern, der erste links überragt sie alle beträcht­lich. Die Macht­stellung latinischer Kö­nige drückte sich darin aus, dass ihnen bei öffentli­chen Auftritten 12 Liktoren (Henker) mit Rutenbündeln und Beilen nach­folgten, stets bereit, jeden königlichen Urteilsspruch sofort zu voll­strecken. In den 1840 herausgegebenen „Friesischen Rechtsquellen“ hat K. F. v. Richthofen eine mittel­alterliche Sage über­liefert. Danach soll das Friesenrecht so entstanden sein, indem sich 12 ratsuchen­den, im steuerlosen Schiff treibenden foerspreken  („Recht­sprech­ern“) ein hilfreicher 13-ter anschloss. Er trug eine „Axt auf der Schulter“, er wies den Weg und schaffte Rat. Mit der rechtsgeschäftlich-mythischen Axt wies sich der alte Gott aus (altn. Forse­ti/ Forasizzo - Sohn Baldrs) 56 Der griech. Held Odysseus bricht mit 12 Ge­sellen von Ilios auf. Die Tafelrunde des Briten-Königs Artus (ca. 6.Jh.) besteht aus 12 glänzenden Rittern, der 13. Ist der König. Mimir, der germ. Meister­schmied, hat 12 Schmiedegesellen. Siegfried reitet mit 12 Gesellen zur Braut­werbung nach Worms. Der hoch­begabte, aber glücklose Wandalen­könig Geli­mer rettet sich mit 12 Mannen nach verlorener Schlacht.57 Ein Enkel Freys, der Schwedenkönig Sveigdir, zog mit 12 Mannen weit in der Welt umher, und auch der königliche Dänenheld Hrolf Kraki be­saß eine Gefolgschaft, deren erste Rangstufe nur 12 ausgewählten Kämpen um­schloss (Inglinga-saga 11. u. Saga v. Hrolf Kraki). In der Sage vom Scherenzer­walde der Welfenherzog Eticho mit 12 Getreuen in den Berg, um des Kai­sers Vasall nicht werden zu müssen. Auch Gott Odin selbst erscheint mit 12 Diar („Göttern“), Goden („Priestern“) oder Drot­tnar („Gefolgsleuten“), ist also der Dreizehnte (Ynglinga-saga 2 u. 6).
Zahl der Zeit
 
Der Dreizehnte ist der Ordner, der Regulator. Den 13. Mondmonat schaltete man ein, so berichtete noch Beda Vene­rabilis (8. Jh. n.0) von der ags. Jahrestradi­tion, damit die Zeit nicht aus dem Ruder lief (Beda, „De temporum ratione“, Kap. 13). Alte Spruch­rätsel stellen das Wissen ihrer Zuhörer auf die Probe; eine Farörer Fassung lautet: „Ich weiß einen Baum höchst auf dem Berge mit 13 Ästen, 4 Nestern auf jedem Ast, 6 Vögeln in jedem Nest, der 7. trägt eine goldene Feder.“ Die Lösung heißt: Ein Baum mit 13 Ästen ist das Jahr!58 Aus dem Abschluss des 13-Monats-Jahres scheint auch der isländ. Brauch mit den 13 gnomenhaften Weihnachtsboten herzurühren. Nach der Volkssage schickt ein Trollweib namens Grýla (Vater ist Leppalúði), ab dem 12. Dez. aus den Bergen des Hochlandes jeden Tag einen der Weihnachtsgesellen zu den Bauernhöfe, wo sie Schabernack treiben, sich spitz­bübisch aber nicht bös­artig benehmen und etwas zu ergattern versuchen.
Der bislang älteste Kalenderfund - mindestens 33.000 Jahre alt - stammt aus einer schwäbischen Höhle, dem Geisenklösterle bei Blaubeuren. Es handelt sich um eine kleine Mammut­elf­enbeinplatte, halb so groß wie eine Streichholzschachtel, deren Vorderseite eine anbetende Menschengestalt mit hoch erhobenen Armen zeigt. Sämt­liche Kanten sind gekerbt. Links und rechts je 13 an der Zahl, unten sechs und oben sieben. Zeichen trägt auch die Rückseite der Platte, Punkte oder Einkerbungen in vier Reihen: links und rechts je 13, die mittleren mit zehn und zwölf Markierungen. Die 13 taucht also viermal auf. Auch im Relief der sog. „Venus von Laussel“ (Dordog­ne/Frankr.) des Aurignaciens, 16 bis 20 tausend Jahre alt, hält eine füllige Frauen­gestalt in rechter Hand ein Bisonhorn,  welches 13 Einkerbungen aufweist. Es ist als Mondsymbol verstanden und mit dem 28-tägigen Mondkalender in Verbindung ge­bracht worden (28x13=364). 13 fast parallel verlaufende Steinreihen von 880 Meter Länge umfasst das Menhir-Feld von Kerlescan/Bretagne mit sicherlich kalen­dar­ischen Bezügen.
 
Ein weiterer Gedankengang, der die 13 mit dem Jahr in Verbindung brachte, ist der: Mit ihrer QS-Kernsumme 4 erzeigt die 13 selbst ihre Verbundenheit mit dem Meister des Jahres, dem Mond. Die 28 ist jene Zahl des Mondumlaufs in Vollendung seiner 4 Pha­sen (4x7=28). Multipliziert man beide Mondzahlen miteinan­der, erbringt 13x28=364 die fast genaue Anzahl der Tage des Jahres bzw. die Tagesanzahl des reinen Sonnenkalenders, nach dem sich die von pythagoreisch-iranischen Gedanken beeinflussten essenischen Qum­ran-Leute richteten - ganz im Gegensatz zum damals wie heute üblichen judäischen Kalender, der sich ausschließlich an den Mond hält (vgl. Tür 5.2). Die QS dieser Jahresrundzahl beträgt wieder 13.
 
Ein beeindruckendes nordisches Kunstwerk ist der silberne Opferkessel, den ein Bauer aus einem Moor bei Gundestrup (Jütland/Dänemark) barg. Er muss ein Wei­he­ge­schenk sein, das kimbrische Krieger um 100 v.0 aus dem kelt. Donauraum in die Heimat zurückschickten. Auf zweimal sechs (innen und außen), also 12 Bild­platten, findet sich im Kreis der jährliche Göttermythos dargestellt. Die Boden­platte zeigt als 13. das Abschlussrelief einer Stieropferszene. Welch einen Kult des Zah­lenzaubers die alten Meister trieben, zeigt zwar erhellend - doch auch die Kom­p­liziertheit ihres Denkens darlegend - ein weiteres beein­druckendes horn­förmiges Gold­schmiede­werk. Es ist in Rosengaard-Gallehus bei Tondern/Nord­schles­wig/Jüt­land gefunden worden. Seine Entste­hungszeit liegt im Beginn des 5. Jh.. Der gott­begeisterte Schöp­fer dieses grandiosen  Kunstproduktes setzte seinen Namen ek hlewagastiR („ich, Hlewagast“) darauf. Dieser umfasst 13 Buchstaben des runischen Ge­samtzahl­en­wertes von 169 - ein Vielfaches der 13 - näm­lich 13x13. Zum Lobe Wodans erweiterte er seinen Namen durch den Zusatz holtijaR („aus Holt“, also der Holsten- oder Hainpriester) auf 21 () Buchsta­ben der Ge­samtsumme von 256 mit QS 13. Es folgen zwei weitere Runen­worte: horna tawi­do, mit denen sich das Genie Hlewagast selbst als Erschaffer des Hornes be­zeich­net. Die Gesamtin­schrift besteht aus 13 verschiedenen Runen, geordnet in 13 Silben; der doppelt­geritzte, hervor­gehobene Inschriftteil beinhaltet 2x13 Runen, 13 aufge­lötete mensch­liche Figuren, 13 Vierfüß­ler, 13 eingepunzte Fische zeigt das Runen­horn. In seinen obersten drei Bildreifen stehen 49 (QS 13) Him­mels­lich­ter / Sterne, mit insgesamt 365 Zacken, der genauen Tageszahl des Sonnen­jahres.59 (Gerhard Heß, Runenrätsel von Ros­en­gaard - die Goldhörner des Hlewa­gast-Holtijar, 1999)
 
Es deutet die 13 sinngemäß, ebenso wie mit ihrer QS 4, auf den Mond, den regulie­renden Jahresherrn hin, und in Sinnübereinstimmung ebenso auf das Jahr mit seinen 4 Fixpunkten, den beiden Sonnenwenden und den beiden Sonnengleichen. 4x13 er­gibt die 52 Wochen des Sonnenjahres. Auch Wodin, der germ. Allvater-Geistvater, müsste in sei­nem sichtbaren, also exoterischen Licht- / Jahresgang durch die 4 ver­sinn­bildlicht werden. Er (a) wird es tatsächlich bei nachgeordneter rechtsläufiger (also exoteri­scher) Lesung der Runenreihe. Die gematrisch-ikonographischen Demon­stra­tionen lauten: Gott ist Raum und Zeit, er ist Aufstieg und Abstieg, so ist er auch der Dreizehner.
 
Die 13 ist also als Jahressymbol zu begreifen. Da aber das Jahr als Synonym der Zeit ganz allgemein galt, so darf 13 als Ziffernallegorie für die schwankende Zeit betrachtet werden. Weil sich im Jahresgang Wille und Wesen der Gottheit zu offenbaren schienen, die Zeit und das Jahr sogar mit Gott gleichgesetzt wurden, so muss die 13 auch als eine dem Göttli­chen nahestehende Zahl verstanden worden sein - wahrschein­lich als Gottesgleichnis in Bezie­hung zur schwanken­den Zeit. Nur so ist jene zah­lenzauberische Hochschätz­ung der 13 zu verstehen, wie sie sich in etlichen Funden alter Runenschriften nachweisen lässt. Unsere Erklärung soll von einem zweiten gottesdienstlichen Goldhorn aus Rosen­ga­ard bestätigt werden. Es wurde nur wenige Meter von der Fundstelle des von uns besprochenen Runenhorns entdeckt. Leider ist der Gesamtschatz von einem wahn­sinnig Habgierigen geraubt und zu Buddha-Figürchen umgeschmolzen worden. Doch die Nachbildungen beider Kunstwerke sind im Nationalmuseum Kopenhagen zu be­sichtigen. Die­ses zweite, zwar runenlose, aber ebenfalls reich bebilderte Horn war im Gegensatz zu seinem Zwillingsstück vollständig erhalten und bestand aus 13 sich verjüngenden breiten Goldreifen, die den eigentlichen goldenen Hornkern über­klei­deten. Es darf davon ausge­gangen werden, dass man, uraltem Herkom­men folgend, in den beiden ge­krüm­mten Hörnern Mondsymbole gesehen hat und dass nicht nur das eine, sondern beide im Originalzustand 13 Schmuck­ringe trugen. Die Verständnisver­bindung zwi­schen den 13 Monaten des Regulier­jahres / Schaltjah­res, dem Zeitmes­ser Mond als Jahresmeister und der 13 als Gottessynonym liegt auf der Hand. Die zwei Kulthörner gegeneinandergedreht stellen die Si­cheln des zu- und abneh­men­den Mondes in Ver­tretung der zu- und abnehmenden Jahreshälf­ten dar. Wahr­scheinlich stellte der Hols­tenpriester Hlewagast beide Hörner her im be­wuss­ten Nachemp­finden des Hiero­glyp­henbildes der Jahrrune () mit Zahlwert 13.