Ist LOKE etwa kein TEUFEL ?
 
Eine der Unsinnigkeiten die neudeutsche Heiden mit bedeutsamem Kopfnicken zuweilen von sich geben, ist der Trugschluss, es hätte im Heidentum, namentlich im germanischen, keinen Teufel gegeben. Als käme an irgendeiner Stelle der Welt und der Religionsgeschichte ein Gott bzw. Götter ohne Gegenspieler aus. Das wäre so, als ginge eine Mannschaft auf den Fußballplatz und wolle nun ihr Publikum ohne Gegenmannschaft begeistern -, das ist Unsinn ! Wohlgemerkt, wir sprechen nicht von Fakten, sondern von Religionsphänomenologie !
 
Die Gnostikern, namentlich die Valentinianer - so berichtet der christenkirchliche Polemiker Irenäus - heißen den unholden Materiedämon, den „Fürsten der Welt, den Geist der Bosheit, ein Geschöpf des Demiurgen“ , des „Schöpfers“. Was aus dieser Sichtweise zum Beispiel Hrotsvit von Gandersheim (ca. 936-973) im poetischen Versmaß auf den christlichen Teufel münzte, hätte ebensogut vom eddischen Loki gesagt werden können: „Aber es nahmen noch immer kein Ende die Listen des Erzfeinds, / Welcher beständig versucht zu verwirren die schwachen Gemüther, / Rathend nach übelem Thun noch schlimmeres ihm zu gesellen. / Wirklich soll er, so heißt's, durchdrungen haben die Herzen / Etlicher so mit der Galle verderbenbringenden Giftes.“
 
Ebenso trifft Meister Eckardts (1260-1327) Beschreibung von Satan-Luzifer den Charakter Lokis genau: „Luzifer, der Engel, der in der Hölle ist, hatte einen vollendet reinen Intellekt und verfügt bis zum heutigen Tage über großes Wissen.“
 
Und auch wenn der christl. Teufel zuweilen als smarter, verführerisch schöner Herr beschrieben wird, verwischen sich zwischen ihm und dem altnordischen Bösewicht Loki, also zwischen heidn. und christl. Unhold, alle vorausgesetzten Unterschiede. Ist dieser Loki nur ein Produkt des kirchenchristlichen Einflusses auf das Spätheidentum ? Er könnte sehr wohl originär sein. Das Sanskritwort für „Welt“ wäre loka; es ist eine Bezeichnung für die alles umfassenden 3 Welten („Sinnenwelt“ káma-loka, „Feinkörperliche Welt“ rúpa-loka, und „Unkörperliche Welt“ arúpa-loka).
 
Der gewissermaßen umgängliche Loki ist der der christlich-mittelalterlichen Teufelsschwänke, einer der einem schaden will und der dann doch als „tumber Teufel“ überlistet und gezwungen wird seinen angerichteten Schaden wieder zu beheben.
 
Ein moralisch gefestigter Mensch - so denkt man betulich - wird sich mit dieser bösen Loki-Macht nicht einlassen wollen; es betete ein Frommer der Spätantike, der im Papyros LVII,5 in Erscheinung tritt: „... ich werde nicht zerreißen die Fesseln mit denen du gebunden hast den Typhon, und nicht werd ich zitieren die Geister der gewaltsam Gestorbenen, [...] und ich werde retten den Ammon [Griechen setzen den ägypt. Amun/Ammon mit Zeus gleich] und ihn nicht töten und werde nicht auseinanderwerfen die Glieder des Osiris und dich verbergen vor den Giganten...“ Doch nicht alle denken so hoch und hehr, sich mit dieser listig-starken antigöttlichen Macht zu verbünden, sich ihrer zu versichern, mit ihr einen Vertrag zum eigenen Vorteil zu schließen, entspräche nur allzumenschlichen Gedankengängen. Zudem war es im alten Ägypten Brauch auch den bösen aber mächtigen Osiris-Mörder Seth anzurufen, ganze Dynastien identifizierten sich mir ihm; seine Hauptkultorte waren Busiris, und Ombos. Auch fand man Widmungen an Ahriman, den pers. Gott des Bösen; die Stifter wollten ihn versöhnen und sein Unheil von sich abwenden.
 
Keine Gesellschaft besteht nur aus „Heiligen“: In einem griech. Zauberpapyrus aus dem 2. Jh. n.0 (P-XIV,15-25) wird angegeben wie man den Teufel zum Schadenszauber anruft: „Ich rufe dich an, den im leeren Luftraume, den Furchtbaren, Unsichtbaren, Allherrscher, Gott der Götter, der du Verderben und Verwüstung schaffst und hasst ein wohlgeordnetes Haus [...] der du alles niederwirfst und nicht besiegt wirst: ich rufe dich an Typhon-Seth ...“ Auch Papyros P-IV,180 aus Anfang 4. Jh., beinhaltet schon Hymnen und Bitten an den Unhold: „Mächtiger Typhon, Zepterhalter und Herrscher [...] der Tiefe Erschütterer und Beweger [...] Gib mir Macht, flehe ich...“
 
Alte, seit mindestens dem 16. Jh. belegbare, dt. Schwänke und das Volksbuch vom Doktor Faust, weisen in gleiche Richtung: Er verschrieb seine Seele dem Teufel, um pöbelhafte Begierden zu befriedigen: Weiber, Wein, Wollust. Das Faröer-Märchen von den drei Göttern Odin, Hönir und Loki mit dem Bauernsohn, zeigt, dass es auch im nordischen Heidentum denkbar war, sich zum eigenen Vorteil mit Loki zu verbinden. Er ist als einziger der angerufenen Götter fähig den von einem Riesen verfolgten Jungen zu erretten. (Herausg. Friedr. v. Leyen u. Paul Zaunert, „Isländische Märchen“, 1923, S.306)
 
Fest steht jedenfalls, dass sich die Idee des lügenhaften Weltgeistes, des teuflischen Lichtfeindes (Feind des guten Gotteslichtes), in der Gestalt des mythischen Loki verdichtet hat. Sein Vater war allerdings der Riese Farbauti („gefährlicher Schläger“, z.B. Gylf. 32). Aus dem plumpen, riesischen Bösewicht der Urzeit scheint ein schlauer, abgefeimter, verführerischer Ränkeschmied geworden zu sein, der bezeichnenderweise das heimtückische Netz / Fischnetz erfand (Gylf.49).
 
Die „Völuspá in skamma“, Hyndlulióð 41, berichtet, von Loki seien „auf Erden alle Unholde gekommen.“ In seinen wölfischen Wiedergeburtsformen, als Fenrir („Sumpfbewohner“), Garm („Verschlinger“), Hati („Verächter“), Sköll („Spötter“), offenbart er sich, der gierende schwarze Abgrund des großen Göttergegners und unholden Jägers von Sonne und Mond.
 
Schon auf völkerwanderungszeitlichen Geleitmünzen ist er ins Bild gesetzt. In der Nordendorfer Runenspangenritzung (aus Mitte 6. Jh.) tritt er als logaðore („Trugstarker, Ränkeschmied“) auf, in der Vsp. 18 als loðurr („Lodernder“), im eddischen Skalds. als Loki. Seinen unholden Charakter erklärt die Jüngere Edda in Gylf. 33: „Zu den Asen (Ahnengöttern) rechnet man auch noch jenen, den einige den Streitbringer der Asen, den Urheber alles Truges und den Schandfleck der Götter und Menschen nernnen. Er heißt Loki oder Lopt ... Loki ist schmuck und schön von Ansehen, doch böse von Gemütsart, äußerst mannigfaltig im Auftreten. Er besitzt eine allen überlegene Schlauheit, Abgefeimtheit nennen wir sie, und listige Mittel für jeden Zweck.“
 
Die nahe Etymologie des Loki-Begriffs ist unsicher, fußt aber wahrscheinlich hauptsächlich auf der germ. Wortsippe von ahd. liugan, lug „Lügen, Lug“, dazuzuschauen sind alte. loga „Lügner“, logðer „schlau, listig“, altir. logassi „Lüge“; vielleicht auch bei Schwund des Gutturals (g) alte. loðer Liederlicher und loðerung „Täuschung“. „Groß war Loptr (Loki) im Lügen !“, liest man im Þorsdrapa der Skalds., Kap. 18,21. Noch heute heißen in Island richtige, dicke Lügen lokalýgi oder Loka ráð, d.h. „Lokilügen, Lokirat“. Auch zu beachten sind: altn. loga „brennen“, logi „Flamme“, lokka „locken“, loka „zumachen, schließen“, loka „am Ende“. Die Lüge und damit das Unheil der Welt zu binden, möglichst auf ewig zu fesseln, muss Ziel aller Guten sein. So wird auch Loki schließlich bestraft, mit Hilfe Gottvater Donar-Thor (-Rune) gefangen, mit den Gedärmen seines wölfischen Sohnes an drei Steine geschnürt und - im übertragenen Sinne - sein eigenes Produkt, das ätzende Gift einer Schlange, tropft beständig auf seinen Leib (Gylf 49). Religionsgeschichtlich kommt also Loki aus keinen gründlich anderen Traditionen als der christl. Teufel auch. Und eine ganze große Menge scheinchristlicher Vorstellungen des Volkes über den Teufel beruhten auf altem heidnischem Herkommen.
 
Bild: von Lorenz Frølich (1895) - Loki beim Festmahl der Götter Schmähreden führend - in der eddischen „Lokasenna“ („Lokis Zankreden“) oder Oegisdrecka („Oegirs Trinkgelage“)
 
Wird bezüglich des Unholds im ODING erweitert !
 
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Ein Karl schreibt:
 
Loki is kein teufel bzw tiefel er is ein schalk, und er hilft den Asen dabei die natur gesetze zu umgehen xd, er ist der blutsbruder wotans und som mit von seinem stamm, bzw aus dem selben holz
 
Guntram antwortet:
 
Loki ist so viel Schalk wie der christliche Teufel ebenso als Schalk verstanden wurde, welcher mit bösartigen Neckereien die Menschen belastet. Diese Betrachtungsweise widerspricht aber nicht seinem Teufelscharakter -; ebenso wenig wie Deine weiteren Erklärungen. Der christliche Satan ist auch von des judäochristlichen Gottes Qualität, ein „gefallener Engel“ eben ! Ja, Loki ist der Blutsbruder Odins. Und der Satan der persischen Religion ist sogar eine Teilwesenheit des Himmelsgottes Gottes Ahura-Mazda. Die abgründige Teufelei Lokis offenbart sich in seinen Produkten: Riesen, Fenriswolf und Riesin Angrboda, die „die Brut Fenrirs“ Hati (der Hasser der den Mond verfolgt) und Skalli (der Spötter der die „Alte vom Eisenwald“, welche Sonne verfolgt) sowie Managarm (der das Fleisch der Toten verschlingt) und den Mond, so dass das verspritzte Blut die Sonne verdunkeln wird. Loki vertritt aller deutlichst die antigöttliche Seite des germ. religiösen Systems. Beste Grüße, Guntram