Ignoranter, unsachlicher Kritiker RA J. Rieger
 
Zu der von Jürgen Rieger aufgeworfenen Frage, ob
die Alfablod-Darstellung im ODING-Wizzod eine
Unkorrektheit sei:
 
Das Alfablod - altnord. „Opfer an die Alfen/Alben“ (Alben/Alfen/Asen = Seelenwesen verstorbener Vorfahren), der Quellen-Literatur (mit ODING) in 4 Fällen überliefert.
 
Die ausführlichste Erwähnung stammt aus dem „Aüstifararvisur“ (= „Strophen über die Reise nach Osten“) des Skalen Sigvatr Þorðarson, die er im Jahre 1017 (oder 1018/19) im Auftrage des norwegischen Königs, dem Hl. Olaf unternahm. Der Skalde war ein christlicher Agent, der im Auftrage des fanatischen Bekehrerkönigs einen Bericht über die politischen und heidnisch-religiösen Zustände des Ostens liefern und die Freundschaft des gautländischen Jarls Rögnvaldr erlangen sollte.
 
Zu seinem Reisebericht schreibt die schwedische Wissenschaftlerin Hilding Celander in „Förkristen Jul“, 1955, S. 81: „Von großem Interesse für diese Untersuchungen sind auch einige Strophen über ein alfablot im westlichen Schweden in dem Gedicht Austrfararvisur, vom Skalde Sigvat Tordarson. Er erzählt hier von einer Reise nach Schweden ,im Herbste’ des Jahres 1018. Die Strophen 4-6 erzählen von den Erlebnissen des Dichters im Dorfe Hof. Sigvat wird hier nicht in die Häuser hineingelassen, wo die heidnischen Bauern das Opfer für die ,Alfen’ halten, jeder in seinem eigenen Hause: (Also nicht im Tempel, Hof !) ,Wir haben es hier heilig’ sagte das Weib ,ich fürchte den  Zorn Odens. Wir sind Heiden. Wir haben hier alfablot’. Eine bemerkenswerte Besonderheit ist dass die Männer, die ihm den Zutritt verboten, einen und denselben Namen hatten, Ölver. Der Name hängt wahrscheinlich mit öl, Bier, zusammen, und bezeichnet den Bauer als den Bräuer und Hüter des Opfer-Bieres.“
 
Soweit der knappe Bericht und seine Interpretation. Wir dürfen von einem christlichen Amtsträger der damaligen Zeit keine ehrlichen Schilderungen erwarten. Die beiden verfeindeten Religionen standen sich mit Abscheu und Gehässigkeit gegenüber. Wir müssen versuchen, bei all diesen christlichen Stellungnahmen auch zwischen den Zeilen das herauszulesen, was gerne der Nachwelt verschwiegen worden wäre.
 
So ist auffällig, dass der Skalde von einem Dorfe namens Hof schrieb, obgleich dies der damalige Begriff für das heidnische Gotteshaus (den Tempel) war. Gut möglich ist also, dass in alter Zeit dieses Alfablod sehr wohl als Gemeinschaftsfest im Tempel gehalten wurde, nun aber, in einer Ara in der die Heiden bereits weitgehend zum Freiwild erklärt waren, dieses Opferfest nurmehr im zurückgezogenen, engen Familienkreise gefeiert werden konnte. Die nächste (versteckte ?) Information ist durch die dreimalige Nennung des Namens Ölver, also Opferbierbrauer, gegeben. Wir wissen, dass die christlichen Berichterstatter in aller Regel peinlichst vermieden, Angaben über altgläubiges Kultgeschehen abzugeben; die Riten sollten ja vergessen werden. Dass der Ahnengeister-Wodan/Odin-Kult mit „bewusstseinserweiternden“ Rauschtrankgelagen einherging, ist an anderer Stelle überliefert. Nicht zufällig heißen die alfablodfeiemden Bauern „Ölver“ bzw. „Kultbierbrauer“. Darüber, was die schwedische Wissenschaftlerin in der üblichen Zurückhaltung andeutet, können wir folglich sehr sicher sein.
 
Im ODING-Wizzod, S. 329 schrieb ich in freier darstellender Übersetzung das was die Frauen den um Quartier bittenden Christen angeblich zugerufen haben: „Fahr weiter, Fremder, der Hof ist geheiligt, wir fürchten Wodans Zorn, denn wir richten für diese Nacht seinen Weihetrank.“ Es handelt sich dabei keineswegs um wörtliche, sondern um eine sinngemäß umfassende Übersetzung der gereimten Schilderung des Dichters Sigvatr. Dazu gab ich unter Quelle Nr. 63 W. Grönbech II, S. 213 an, für alle die sich über diese Literaturstelle tiefergehend kundig machen möchten. Dass Grönbech dieses Thema nicht gerade erschöpfend behandelt, ist im Gesamtzusammenhang unerheblich.
 
Das was Jürgen Rieger verlangt, eine wortwörtliche Übersetzung, ist in aller Regel völlig unmöglich. Jeder Übersetzer des Altnordischen versucht den Sinn der Originalstelle zu erfassen und sie seinem Leser in wohlgesetzten deutschen Worten verständlich zu machen. Man vergleiche beispielsweise die Texte all der großen Edda-Übersetzer: Sie unterscheiden sich erheblich von einander! Trotzdem haben sie deshalb nicht falsch übertragen. Riegers Einwände hätten allein dann Gültigkeit, wenn eine sinnentstellende Übersetzung vorliegen wurde, dies ist aber nicht der Fall.
Das ODING-Wizzod ist keine wertneutrale, abgehobene Dissertation, sondern ein Buch welches in redlicher Art und Weise helfen will, Interessierte zu ihrer einstigen Artreligion hinzuführen. Wer im distanziert universitären Stil die Quellenliteratur prüfen will, für den sind über 450 wissenschaftliche Literaturangaben gemacht worden. Wer immer mag, der kann mittels dieses Instrumentariums die Zuverlässigkeit des ODING überprüfen. Auch die Stelle der „Alfablodfeier“ wurde korrekt und in keinem einzigen Punkte quellenwidrig dargestellt !
 
Solange sich „gestrenge Kritiker“ in derartig seichtem Rüge-Niveau bewegen müssen, weil sie echte Schwachstellen nicht auffinden, dürfen die ODING-Freunde sehr gelassen zur Tagesordnung übergehen. Ich halte Jürgen Riegers Unterstellungen insgesamt für verzeihliche „Ausrutscher“, die er bei sachlicher Prüfung selbst erkennen wird. [Er erkannte sie nicht und ist zwischenzeitlich, zusammen mit seinem Irrtum, verschieden.]
 
Gerhard Hess, 22. Juni 1999