LIEBE UND HASS
 
Hass ist ein übler Berater,
des Krieges unseliger Vater,
doch ist er im Weltengetriebe
ein Kind der heiligen Liebe.
 
Liebe gebiert sich die Sorge,
dass ihr das Schicksal nur borge,
die Weile seliger Wonnen,
bis ihr das Glück sei genommen.
 
Liebe will ewiglich währen,
das ist ihr ganzes Begehren.
Fühlt sich die Liebe verlassen,
wandelt sich Hohes in Hassen.
 
Ängstigt sich Liebe um Dauer,
zieht sie ums Glück ihre Mauer,
Es werden Liebes-Gemeinden,
im Trutze feind ihren Feinden.
 
Wer Werke der Liebe bedroht,
deren Schöpferwille noch loht,
der wird in Kämpfen erkennen,
Feuer der Liebe kann brennen !
 
Über die Begriffe und Inhalte von LIEBE und HASS ist viel sinniert und geredet worden -, zumeist waren es die inhaltsarmen Phrasen von der „guten Liebe“ und dem „bösen Hass“. Auch der kämpferische Mahatma Gandhi, der sehr wohl hassen konnte, und als Regierungschef mit seinen Gegnern keineswegs zimperlich umsprang, gab so billige Allgemeinplätze ab wie: „Hass kann nur durch Liebe überwunden werden“ oder „Wo Liebe wächst gedeiht Leben, wo Hass aufkommt, droht Untergang“. Natürlich musste Gandhi die englische Fremdherrschaft hassen, um ans Werk zu gehen, sie zu beseitigen. Che Guevarra trifft den Nagel auf den Kopf wenn er meinte: „Es ist nur eine Sache die größer ist als  die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person die sie dir wegnimmt.“  Der Staatslehrer Konfuzius bleibt in seiner vorbildhaften Art gemäßigt und weise: „Wo alle hassen, da muss man prüfen; wo alle lieben, da muss man prüfen.“ Denn in beiden Dimensionen lauern Gefahren. Eine Griechische Erkenntnis ist: „Die unmäßig lieben, hassen auch unmäßig.“ Auch Henry David Thoreau: „Die Gewaltsamkeit der Liebe ist ebenso zu fürchten wie die des Hasses.“ Friedrich Nietzsche lotet gewöhnlich tiefer als andere: „Liebe und Hass sind nicht blind, aber sie sind geblendet von dem Feuer, das sie selbst mit sich tragen.“ Aus China stammt der verständige Satz: „Liebe und Hass sind die Hörner am selben Stier.“ Ebenfalls aus China stammt: „Zum Hassen oder Lieben ist alle Welt getrieben, es bleibt keine Wahl; der Teufel ist neutral.“ Ein jeder Mensch fühlt die Fähigkeit zur Liebe und zum Hass, so schrieb Gaius Valerius Catull: „Ich hasse und ich liebe. Warum ich das tue, fragst Du vielleicht. Ich weiß es nicht; aber dass es so ist, das fühle ich, und es reißt mich entzwei.“
 
Dass eine starke Liebesenergie im Moment ihres Ende nicht auf Null zurückgefahren werden kann und in Aggressivität - sprich Aversion bzw. Hass - umschlägt, ist eine Binsenweisheit. Dass aber aus einer großen Liebe zu einer Sache, zu einem hoch geschätzen Wert, angesichts deren/dessen Gefährdung Schutzaggression, Wehrwillen, Kampfbereitschaft - automatisch von Hass unterfüttert - entsteht, erweist das Alltagsleben ganz genau so wie die Weltgeschichte. Kriege entstehen nicht unbedingt aus Hass, vielmehr aus Liebe. Nicht ist der Hass die grundsätzlich nötige Voraussetzung für eine kriegerische Handlung, sondern die Liebe zu den eigenen - vor dem potentiellen Feind/Räuber - schutzbedürftigen Werten, wie Heim, Gut, Kinder, Weib, Vaterland und Volk.