BLUT ODER BLUFF ?
 
Es tobt die Welt in Wetter und Wut,
prüft Euch gut, seid auf der Hut !
Folgt Ihr dem falschen Herolds-Ruf,
tritt Euch des Teufels Esels-Huf.
 
Die Geister geifern auf sich ein,
manch‘ Linker meint im Recht zu sein,
manch‘ Rechter macht auf linke Tour
und beide eint ein falscher Schwur.
 
Bei all‘ dem Wirrwar in der Welt,
der nur zu bald den Blick verstellt,
geht’s unter Sorgen, Suff und Knuff,
doch letztlich nur um Blut und Bluff.
 
Blut ist real, Bluff ist nur Luft -,
der Geistes-Furz von einem Schuft.
Scheint die Idee auch ideal,
ist doch nur Menschen-Irrtums-Mal.
 
Der Mensch reiht an Idee, Idee,
und wirft sie fort, tut sie ihm weh -,
nie hält er züchtig, zaghaft Zucht
am Fließband der Ideen-Flucht.
 
Kopf-Blasen sind nur Schall und Rauch,
dagegen bläh‘n sich Brunft und Bauch.
Wer also an Ideen hängt,
hat sich vergeblich angestrengt.
 
Schon morgen werden sie verlacht,
man schiebt sie in den Abfall-Schacht.
Was Eltern galt als topp-modern,
steht schon den Enkeln meilen-fern.
 
Allein das Volk ist wahrhaft Fakt,
hast Du Dich geistig abgelackt,
dann bleibt zurück Dein echtes Gut,
drum schütze vor dem Bluff Dein Blut.
 
Bild von Wolfgang Willrich (1897-1948), dem Künstler und Schriftsteller. Die Zeichnung zeigt die 18jährige illegale BDM-Führerin Elfriede Reichmann aus Krass in Kärnten, 1938, vor dem sog. „Anschluss“ der Ostmark (Österreich) an das Dritte Reich. Im Weltkrieg I. musste Willrich Kampfeinsätze an der Ostfront, später an der Westfront in Flandern und Frankreich bestehen. Während der Stellungskämpfe und in französischer Kriegsgefangenschaft zeichnete er die ersten Soldatenskizzen und Porträts seiner Kameraden. Willrich war ein idealistischer Vertreter des NS-Gedankens der Volkserhaltung und der verklärenden Kunst, die wir im Nachkriegsdeutschland abzulehnen haben. Willrich war ein Mann von großem, unbeugsamem Mut. Er lehnte beharrlich alle Angebote ab, sich der NS-Partei anzuschließen oder sich von Heinrich Himmler zum ehrenamtlichen SS-Mitglied ernennen zu lassen, weil er dadurch den Verlust seiner künstlerischen Freiheit befürchtete. Sein Fanatismus in Sachen „Reinheit des Kunsttempels“ usw. schoss zuweilen so über das Ziel hinaus, dass ihn sogar H. Himmler zur Mäßigung ermahnen musste (Sache Gottfried Benn). An der von ihm aktiv verachteten „Modernen Kunst“ fehlte es ihm an Schönheit und der Kraft die Seelen aufzurichten. Willrich lebte in spartanischer Einfachheit, nahm keinerlei Rücksicht auf mögliche Gewinne, die ihm nie etwas bedeutet hatten. Das Urteil eines Kenners lautete: „Es war ein unabhängiger Künstler im wahrsten Sinne des Wortes.“ Er lebte nur für seine Kunst und für das, was er glaubte, dass es richtig sei. Unabhängig von seiner geistigen Positionierung gilt W. Willrich als Portraitkünstler von Format. Durch den alliierten Bombenterror gegen die deutsche Zivilbevölkerung sind etwa 90 % der Originale von Willrichs Werken zerstört worden. Der übriggebliebene Teil von Zeichnungen, insbesondere die in Finnland entstandenen Landschaftsbilder, wurden von einquartierten Besatzern gestohlen. Seine Bücher wurden geschmäht und verboten. Die US-Besatzer brachten Willrich in eines ihrer berüchtigten Hungerlager nach Frankreich wo seine Gesundheit ruiniert wurde. Als schwerkranker Mann ist er aus dem US-KZ am 28.01.1946 „vorzeitig“ entlassen worden, um am 18.10.1948 in seiner Heimatstadt Göttingen im Alter von nur 51 Jahren zu sterben.