Eddachen vor der „Größten Kuckucksuhr der Welt“, Wiesbaden
 
„Größte Kuckucksuhr der Welt“
 
Die sogenannte „Größte Kuckucksuhr der Welt“ ließ im Jahre 1946 der jüdische Souvenirverkäufer Emil Kronenberger zunächst am Wiesbadener Kaiser-Friedrich-Platz vor dem Nassauer Hof, 1953 dann direkt an die Fensterfront seines Ladens am Kranzplatz vorbauen. Damals wurde auch das Schild angebracht, das sie als „Die größte Kuckucksuhr der Welt“ bezeichnet. Alle halbe Stunde, zwischen 8 und 20 Uhr, wenn die Kuckucksuhr schlägt, zeigt sich der Kuckuck den Besucherinnen und Besuchern. Im schönen Wiesbaden hatten die US-Besatzer ein Hauptquartier, deshalb war die Stadt voll von „Amis“, die andauernd auf der Suche nach Souvenirs waren. Eine Kuckucksuhr wirkt typisch deutsch und lockt bis auf den heutigen Tag die Andenkenjäger in Scharen an. Die Familie Kronenberger, mit ihrem Lädchen - unmittelbar beim Kurhaus und Stadttheater in bester Verkaufslage gelegen - machte entsprechend guten Umsatz, ihr Geschäft war immer stark besucht. Nach den Kronenbergers übernahm die ebenfalls jüdische Familie Stern das Geschäft. Ich selbst erstand dort mehrere „Schätze“, u.a. ein riesengroßes Trinkhorn mit Adler-Deckel. Angenehm war die Möglichkeit des aus dem Orient bekannten Preisaushandelns. Der jüngere Herr Stern war immer ein äußerst sympathischer, konkreter Kundenberater und Verhandlungspartner. Ich konnte bei meinem Kauf einen sehr schönen Preisnachlass erzielen. Die Werbeidee von Emil Kronenberger, sein Lädchen als „Größte Kuckucksuhr der Welt” zu vermarkten, war gelungen und erfolgreich, doch die größte Kuckucksuhr der Welt steht nicht in Wiesbaden, sondern in Triberg.
 
 
Das genaue Jahr der Schwarzwalduhr-Erfindung ist nicht überliefert, aber schon 1629 wird von einer solchen Uhr am Hofe des Kurfürsten August von Sachsen berichtet. Bei der Gestaltung der Kuckucksuhr spielten die Traditionen der Jäger im Schwarzwald eine große Rolle. So finden sich auf beiden Seiten der Uhr ein kopfüber hängender Hase und Fasan. Das Ziffernblatt wird elegant umschlossen von einem gebogenen goldenen Jagdhorn. Und an der Spitze der Uhr hängt ein Hirschgeweih. Die Schwarzwälder Uhrenindustrie wurde dann im 18. Jahrhundert zu einem wichtigen Erwerbszweig für die Menschen der Region. Die Uhren verdankten ihre Existenz den ausgedehnten Wäldern Südwestdeutschlands. Die Bauern hier waren darin geübt, Holz zu schlagen und zu verarbeiten. So fiel die Idee eines frühen Mechanikers und Künstlers auf fruchtbaren Boden, überall im Schwarzwald entstanden kleine, familiäre Fertigungsstätten, und deren Produkte aus heimischem Ahorn- oder Lindenholz konnten sich schon bald auch außerhalb der Region durchsetzen. Denn sie hatte den unschätzbaren Vorteil, auf die Verwendung von damals sehr teurem Metall zu verzichten: Die frühen Schwarzwälder Uhren mit ihrem hölzernen 12-Stunden-Werk machten es auch dem Durchschnittsbürger möglich, sich einen Zeitmesser in die gute Stube zu hängen.Arbeitszeit war billiger als Metall, das sollte sich jedoch bald ändern. Im 18. Jahrhundert zogen Metalle in die Werkstätten der Schwarzwalduhren ein, damit wurden deutlich länger laufende Werke ermöglicht. Im 19. Jahrhundert begann auch im Schwarzwald die Industrialisierung. Maschinen übernahmen Tätigkeiten, die vorher ganze Familien viele Stunden beschäftigt hatten, die Produktionszahlen vervielfachten sich, denn auch die Nachfrage stieg enorm. Längst waren Schwarzwalduhren zum Exportschlager geworden, selbst in Moskau und im fernen Konstantinopel waren sie eine begehrte Zier vornehmer Häuser. Am verbreitetsten waren zunächst Modelle mit einem bemalten und lackierten Schild, das zu ihrem Namensgeber wurde: die Lackschilduhren. Erstmals taucht bei diesen Uhren eine kleine Klappe auf, die sich zur vollen Stunde öffnet und einen Kuckuck erscheinen lässt, der melodisch verkündet, was die Stunde geschlagen hat. Es sind die ersten serienmäßig gefertigten Kuckucksuhren, die man jedoch noch nicht so nennt. Trotz des Einsatzes von Maschinen blieben wesentliche Merkmale vor allem des äußeren Erscheinungsbildes der Schwarzwalduhren eine Aufgabe versierter Handarbeiter - das hat sich zumindest bei den besseren Modellen bis heute nicht geändert.Bei Gründung des Deutschen Reiches 1871 lag die Tagesproduktion von Schwarzwalduhren bereits bei über 5.000 Stück, ca. 30 Jahre später hatte sie sich noch einmal mehr als verdreifacht.
 
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DIE KUCKUCKSUHR
 
 
Die Kuckucksuhr ist typisch deutsch,
ist es der Kuckuck auch ?
Als Sommer-Künder galt er stets,
doch auch als „geiler Gauch“.
 
Sein Kuckucksruf verkündet uns,
der Lebensjahre Zahl.
Als „Zeitenwächter“ fiel auf ihn
der Uhrenbauer Wahl.
 
Weil er der Sommer-Künder ist,
der sinnenfrohe Fant,
erfreut uns allerwärts sein Ruf,
im ganzen deutschen Land.
 
Dem Frühlingsgott war er geweiht,
war‘s Baldur, war’s der Frō ?
Drum galt der Kirche er suspekt,
das Deutschtum sowieso.
 
Im Kuckuck lebt der frohe Sinn,
den mag ein Frömmler nicht,
so ward der Vogel umgefälscht,
zum argen Teufels-Wicht.
 
Das haben Pfaffen ausgeheckt,
aus Freude wurde Gram -;
ein Deutscher doch bekennt sich frei,
zum Kuckuck ohne Scham !

 
Der Kuckuck ist der „Hauptdarsteller“ in einer Kuckucksuhr, wo eine gewisse Tonfolge verwendet wird. Über die Art des Kuckucks, zu singen, gibt es das Volkslied über den Wettstreit des Kuckucks mit der Nachtigall aus „Des Knaben Wunderhorn“, in dem der Esel den Kuckuck zum Sieger erklärt, weil er schulmeisterlich brav nach den Regeln der Tonlehre singt („Der Kukuk drauf fing an geschwind · Sein Sang durch Terz und Quart und Quint.“), während das freie Jubilieren der Nachtigall dem Esel zu unverständlich ist („Du machst mir’s kraus! I-ja! I-ja! Ich kann's in Kopf nicht bringen!“). Der Kuckuck weckt Frühlingsgefühle, denn üblicherweise hört man die ersten Kuckucksrufe Ende März bis Anfang April, und ist so ein Bote des zu Ende gegangenen Winters, so wie in folgenden Brauchtümern: Greif dir in die Tasche, wenn du im Jahr das erste Mal den Kuckuck hörst. So viel Geld, wie du dann dabei hast, wirst du das ganze Jahr über haben. Hast du nichts dabei, sieht’s für das folgende Jahr finanziell schlecht aus. - Ebenfalls glaubt man in manchen Gegenden, dass das Portemonnaie das ganze Jahr über nicht leer wird, wenn man beim Kuckucksruf darauf klopft. Entsprechend sagt einem die Zahl der Kuckucksrufe an, wie lange man noch zu leben habe, sobald man die Frage gestellt hat („Kuckuck, Kuckuck, sag mir doch, wie viel’ Jahre leb’ ich noch?“ – niederdeutsch: „Kuckuck in Hewen, wo lang schall ik lewen?“). Eine andere Bezeichnung für Kuckuck ist „Gauch“, welcher gern mit dem Adjektiv geil, als der „geile Gauch“, belegt wird. Da er als Frühlingsvogel im Heidentum mit den germanischen Sonnen- und Fruchtbarkeitsgott Frō (Freyr, Frei) verbunden gewesen sein muss, galt er - aus leibfeindlicher kirchenchristlicher Sichtweise - als anrüchig und so wurde er mit dem Kainszeichen des Unholdes belegt. Der Kuckuck und das Kuckucksei kommen in vielen Redensarten vor, wobei Kuckuck oft ein Verhüllungswort für den Teufel darstellt, also als Ersatzwort genutzt wird, wenn der Teufel nicht wörtlich genannt werden soll. Dieser, ab dem 16. Jahrhundert vorzufindende Tarnnamen fand Verwendung, weil befürchtet wurde, dass mit der Nennung seines Namens der Teufel herbeigerufen würde: „Scher dich zum Kuckuck!“ – „Scher dich zum Teufel !“ - „Weiß der Kuckuck …“ - „Das weiß allenfalls der Teufel.“ (Das weiß niemand.) - „Der Kuckuck ist los !“ – „Der Teufel ist los.“ (Es ist reichlich Betrieb.) - „Zum Kuckuck nochmal !“ – „Zum Teufel !“ - „Hol’s der Kuckuck!“ – „Hol’s der Teufel !“ (Mir doch egal.)