In der Notgasse - G. Hess und Tochter Edda - 11.07.1989 -
mit Felsbildabreibe-Ausrüstung die nicht zum Einsatz kam
 
 
FELSBILDER DER NOTGASSE
 
 
Die Morgensonn‘ schickt ihren Gruß,
die Haferlschuhe sind am Fuß,
die Steiermärker Luft geht rein,
heut‘ soll ein Marsch zur Notgass‘ sein.
 
Vom Stoderzinken führt der Weg,
des Lärchenwaldes Wurzelsteg
lenkt unsern Schritt zur Viehbergalm,
vorbei am Wiesenschachtelhalm.
 
Der schmale Bergsteig weist hinan,
da schnauft so macher Wandersmann.
Dann stehen wir am Felsentor,
senkrecht ragt Wand an Wand empor.
 
Weit über uns das Himmelslicht,
das sich mit Felsenschatten mischt,
verharschten Altschnee überstreift
und fröstelnd nach den Gliedern greift.
 
Wir sind am Zielort angelangt,
der Sinn des Felsbild-Suchers bangt.
Wir seh‘n alsbald was uns empört,
dass Tschandalas ein Bild zerstört.
 
Wer solches tut, der sei verflucht !
Doch spür‘n wir auf, was wir gesucht,
Sinnbilder zier‘n das Felsgestein,
wer grub in welcher Zeit sie ein ?
 
Vom neuen Wissen froh beschwert,
mit Lust das Vesperbrot verzehrt,
beglückt durch unserer Mühen Lohn,
das war die Notgass‘-Exkursion.
 
Abb. 3 - Die berühmte sog. „Lebensbaum“-Ritzung in der Notgasse
 
Die Notgasse ist eine schluchtartige Felsformatione im Kemetgebirge als Teil des Dachsteinmassivs in der Steiermark. Dort sind Felsritzungen gefunden worden. Die Schlucht befindet sich etwa 2,5 km Kilometer nordwestlich des Stoderzinkens und drei Kilometer südlich des Hirzbergs im Gemeindegebiet von Gröbming. Die direkteste Verbindung zu Fuß von Gröbming nach Bad Aussee oder Hallstatt, ist die welche bereits seit Jahrtausenden begangen wird. Die trockene Notgassenschlucht ist ein Hohlweg der durch die bis zu 60 Meter hohen Felswände düster und geheimnisvoll wirkt. Die erste Erwähnung der dort eingeritzten Symbole und Zeichen erfolgte durch J. Steiner im Jahre 1902. Eine systematische Erforschung durch L. Lauth und E. Burgstaller erfolgte in den Jahren von 1961 bis 1965. Durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung und das Bundesdenkmalamt erfolgte 1969 eine Begehung. Die Felsritzungen liegen zumeist tiefer als das Wegeniveau, weil der Boden im Lauf der Jahrhunderte durch herabfallendes Gestein heute höher ist als zu jener nicht genau bekannten Zeit, zu der die Ideogramme eingegraben wurden. Die ältesten Ritzungen in der Notgasse sind wohl 1.200 oder mehr Jahre alt. Es gibt fachkundige Forscher, welche einige der Ritzungen für mehrere tausend Jahre alt ansehen. So heißt es in dem Buch von Pürcher und Reinisch: „laut letzten Forschungen als bis zu 4.000 Jahre alte geheimnisvolle Reste der Vorzeit sind“ (A. Pürcher u. E. Reinich: „Erlebnis Salzkammergut“, 1992, S. 98 ff) Die berühmteste Fundstelle ist nach der Beschreibung von Franz Mandl (F. Mandl, „Dachstein- Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge“, 1966, S. 151 u.a.) die „Station 21“ (vgl. Abb. 3). Man sieht am deutlichsten im linken Teil eine zweiholmige Leiter mit 9 Sprossen, am linken unteren Ende ein Pentagramm. Auch ein verwittertes Kreuz ist zu sehen sowie im rechten Teil „das Weltbild“ (vgl. Abb. 3), wie es F. Mandl bezeichnet. Ich prüfte eine in der Literatur hoch interessant erscheinende Frauenbildritzung, die sich aber leider als aus neuerer Zeit stammend erwies.
 
Eine Wegbeschreibung:
 
Großteils bestreiten wir diese Wanderung auf schmalen Waldsteigen und Almwegen. So wandern wir gleich zu Beginn durch einen schönen Lärchenwald der mit einigen Zirben den schmalen Wurzelsteig umgibt. Teils wird der dichte Wald durch große Lichtungen unterbrochen, wie etwa die Wiesmahd. In der schmalen ca. 550 Meter langen und bis zu 30 Meter hohen Felsschlucht der Notgasse liegt oft bis weit in den Sommer hinein der Schnee. Aufgrund der dort entdeckten Felsbilder steht die Notgasse heute unter Denkmalschutz. Von der Lend geht es zwischen den Bergausläufern von Stoderzinken und Kammspitz über die Öfen-Straße gleich steil bergauf. Nun immer der Forststraße folgen - vorbei an einer Abzweigung nach links über den Rotwandschlag zum Stoderzinken, der Rahnstube, einer großen ebenen Fläche - dem sogenannten Brandmoos - bis zu einer Gabelung, an der es rechts zur Viehbergalm geht. Hier aber nach links abbiegen bis man nach wenigen Minuten die Brandalm erreicht. Nun weiter der Forststraße anfangs westwärts später südwärts leicht ansteigend folgen, bis auf ca. 1.410 Meter Höhe auf der rechten Seite ein Schild mit der Beschriftung „Notgasse“ auf einen schmalen Steig in den Wald hinein weist. Diesem Steig folgt man - anfangs in einem Graben bis man die Felsschlucht der an einigen Stellen nur 1,5 Meter breiten Notgasse erreicht. Nicht allzu viel Licht kann durch die hohen senkrechten Felswände in diese landschaftlich und historisch interessante Gegend fallen. Die vielen alten Felsritzzeichnungen sind sehenswert. Leider haben moderne Tschandalen und Banausen ihre Autogramme hinterlassen und dabei alte Ritzungen teilweise zerstört. Am oberen Ende der Schlucht, wenn der Graben wieder breiter wird, befindet sich auf der ostausgerichteten Wand ein „Schluchtbuch“. Der Weiterweg führt nun aus dem Wald hinaus auf eine freie Wiesenfläche - die Große Wiesmahd. Hier gilt es nun auf der rechten Seite den richtigen Graben Richtung Nordwesten zur Plankenalm zu finden. Diesem anfangs mehr, später weniger verwachsenen und teilweise schlammigen Weg folgt man jetzt, bis man nach etwas mehr als einer Stunde die Hütten auf der Plankenalm erreicht. Nun wird die Orientierung noch einmal schwieriger, da der weitere Wegverlauf wirklich nur mehr ansatzweise erkennbar ist und auch viele durchaus logisch erscheinende Alternativwege abzweigen. Im Wesentlichen geht man aber von der Plankenalm in einem großen Bogen zuerst nordwärts, dann westwärts und schließlich südwärts, bevor man in einem weiteren Bogen nach Nordwesten dreht. Es geht vorbei an einem Grab mit einem kleinen Eisenkreuz und kurz vor dem Bärenloch gelangt man zur schwierigen Streckenstelle: Ein ca. 45° steiler Hang, den man vor allem im Winter auf keinen Fall unterschätzen darf. Nach Bewältigung dieses Steilhanges geht es nur mehr wenige Minuten hinauf zum Tourenziel, einer großen Höhle, dem sogenannten Bärenloch.