Guido List mit den falschen 18 Runen
 
DAS LARIFARI DES GUIDO LIST
 
Was anderen Ortes löblich ist,
war unheilvoll bei Guido List -,
die ungebremste Fantasie
taugt bei den Wissenschaften nie !
 
Man muss sich sachlich kundig machen,
dann erst die Schreibewut entfachen,
wer schneller schreibt als er‘s bedenkt,
der hat die Wahrheit schnell versenkt.
 
Der Guido List war Wotanist,
in ehrenwerter Lebens-Frist,
er fand trotzdem nie rechten Rat,
wertlos blieb seines Werkes Saat.
 
Im Gegenteil, sein Wotan-Schwärmen,
war nur ein Grummeln in Gedärmen,
wem Wotans Geist im Geist erschienen,
muss zwanghaft den Verstand bedienen !
 
Wer sich als Ariosoph ermisst,
als heutiger Runen-Okkultist,
der soll des Wahren Künder sein,
und schenkt gepantschten Wein nicht ein.
 
Keiner darf Listens Schauen trauen,
im Morgen- nicht, noch Abend-Grauen,
was List einstmals erschaut‘ als Blinder,
damit war er kein Runen-Künder.
 
Guido Karl Anton (von) List (1848-1919) war ein deutscher Schriftsteller und Runen-Esoteriker von leider nachhaltiger Unsinns-Produktion, nämlich einer frei spintisierten Ariosophie, ohne jegliche Grundlage im wissenschaftlich Realen. Er war der Sohn eines Wiener Geschäftsinhabers. Seine Interessen lagen beim Malen, dem Alpinismus, dem Rudern und schon früh auch dem Spirituellen, besonders der eddisch-germanischen Mythologie. Löblicher waren seine strikte Ablehnung des volkschädigenden Jesuitismus und  Katholizismus. Auf Betreiben des Vaters durchlief er die Ausbildung als Kaufmann. Nachdem er den Betrieb des 1877 verstorbenen Vaters („Teppichfabrikant“, „Currentwarenhändler für Zubehör für Sattler und Riemer“) übernommen hatte, bezeichnete er sich ebenfalls als „Currentwarenhändler“. Während seiner Geschäfte lernte er den Designer orientalischer Teppichmuster Friedrich Fischbach kennen, welcher im Jahre 1900 das Büchlein „Die Buchstaben Gutenbergs“ herausgab. Darin beschrieb Fischbach die germanischen Runenbuchstaben in dem von ihm überschätzen altpersischen Feuerkult. Dieser irreführenden Maßgabe folgte auch List bei seiner unsinnigen Runendeutung, die er auf das Scheinfundament der 18 Runenliedankündigungen im Edda-Text des „Havamal“ errichtete, besser gesagt, frei erfand. Im besagten „Havamal“ werden keine Runen-Charaktere beschrieben - und schon gar keine 18 - die dort vorhandene Ankündigung bezieht sich auf möglicherweise einstmals folgende Passagen, die in der Snorri-Edda des 13. Jahrhunderts leider fehlen. Es gab nie ein nordisches 18 Zeichen umfassendes Runen-Alphabet, wie List glaubte. Es gab das Jüngere Futhark von 16 Zeichen, zu denen List zwei Runenbuchstaben dazu setzte, um auf die irrealen 18 zu kommen. Somit entbehrt sein gesamtes Konstrukt der echten Grundlage und muss allein als seine unsinnige Geistgeburt betrachtet werden. Keinen vernünftigen Menschen wird es letztlich interessieren was ein Kopf der Moderne sich über Runen ausgedacht hat, vielmehr liegt ausschließlich das sinnvolle Interesse bei der Ergründung der wahren Runen-Bedeutung die der antike Runen-Schöpfers in sein Werk hineinlegte. List benannte seine erfundene religiöse Lehre „Wuotanismus“ nach dem altdeutschen Volksgott. Lists Schäume und Ergüsse machten ihn zum sog. „Pionier des völkischen Runenokkultismus“. Bald leitete er (1868 bis 1870) eine kleine Privatbühne „Walhalla“. 1871 wurde er Sekretär des „Österreichischen Alpenvereins“. Es heißt: Nach dem Tod des Vaters 1877 schied Guido List aus der Firma aus und schlug sich in den folgenden Jahren mit seiner ersten Frau, Helene Förster-Peters unter bescheidenen Verhältnissen als Journalist durch. Einen schönen Erfolg als Autor hatte er 1888 mit dem Roman „Carnuntum“, in dem er von Heidenzeiten bis zur Gegenwart den Konflikt zwischen der germanischen Urbevölkerung des Wiener Beckens und den römischen Kolonialherren bzw. der römisch-katholischen Kirche zeichnete. Darin entwickelte List eine beachtliche Empathie für die Not und den Kampf der germanischen Seele über die Jahrhunderte einer tatsächlich geschehenen Unterdrückung und Verfolgung. Bei der Schuldsuche stieß er zunehmend auch auf antijüdische Motive. Seine Romane „Jung Diethers Heimkehr“ (1894) und „Pipara“ (1895) wurden in volkstreuen Kreisen begeistert aufgenommen. 1902 erblindete List infolge einer Grauen-Star-Operation für fast ein Jahr. In dieser Zeit wendete er sich verstärkt esoterischen Eingebungen zu. Er konzipierte ohne echte sprachgeschichtliche Kenntnisse eine „arische Ursprache“ und dann die Deutungen der Runen, sowie anderer Symbole in alten Inschriften. List erhielt Seitens der Wiener Honoratioren bedeutenden Rückhalt, was für das suchende Interesse der gebildet Kreise nach deutscheigenen Werten spricht. Der Adel hatte noch eine ungebrochene Bedeutung in der Gesellschaft, nur so ist es zu verstehen, dass List 1907 ein Adelsprädikat anstrebte. Er ließ ein „von“ in das Wiener Adressbuch eintragen, was er damit begründete, er stamme aus altem Adel, aber sein Großvater habe den Titel abgelegt. 1908 gründeten er mit Freunden und Anhängern die „Guido-von-List Gesellschaft“ zur Förderung seiner Arbeiten. Zu den durch diese Gesellschaft geförderten Publikationen gehörten „Das Geheimnis der Runen“ (1908) und „Die Armanenschaft der Ario-Germanen“ (1908). Der anerkennenswert fleißige G. List gründete 1911 den Hohen Armanen-Orden als inneren Zirkel der „List-Gesellschaft“. Nach seinem Tod wurde die Urne in seiner Heimatstadt Wien auf dem Zentralfriedhof in den „Neuen Arkaden“ beigesetzt. List soll mit dem Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels bekannt gewesen sein, der ihn maßgeblich beeinflusst und folglich zu einem rassisch-religiösen Gedankenkonzept geführt habe. Über den Esoteriker Karl Maria Wiligut wurden List’sche Vorstellungen auch an den Reichsführer-SS Heinrich Himmler herangetragen. Doch die Mitarbeiter des „Ahnenerbes“ erkannten sehr früh die Unhaltbarkeit der Runen-Ergüsse des Wiener Schwärmers, die auch Herman Wirth damals scharf als unwissenschaftlich verurteilte.