08.08.2022

Zenobia_von_Palmyra.JPG

Michele di Ridolfo del Ghirlandaio’s idealisiertes Bild von Palmyras Kaiserin Zenobia (240-273 ?) - li. oben ein Frauen-Portrait aus den Grabtürmen von Palmyra - li. unten Münze mit dem Bildnis der Zenobia.

PALMYRAs SCHÖNE KAISERIN

Palmyra, ein Wunder im Wüstensand,
im persisch-römischen Spannungsfeld,
war mit majestätischer Vielgestalt,
traumhafte Oase nahöstlicher Welt.

Aus rötlichem Kalkstein hohe Fassaden
und Säulenreihen und Tempelzierden,
schöne Statuen von adeligen Reichen;
aber Wohlstand erweckt auch Begierden.

Palmyra liegt an den Handelsstraßen
nach Persien, Indien, dem fernen Osten.
Die erhabenen Schätze der Karawanen
sind auf Märkten zu kaufen und kosten.

Die Palmen-Oase, ein Vielvölkerplatz.
Hellenen, Griechen, Perser und Juden,
Handwerker, Baumeister, Handelsherrn
sich Auftragsgeber und Käufer luden.

Edelsteine, Seiden, Sklaven und Dirnen,
was auch immer die Süchte begehren,
Palmyra befriedigte jeglichen Wunsch,
mag sich selbst auch Träume bescheren.

Der Reichtum ermöglicht eine Armee,
mit Panzerreitern und starken Legionen.
Mit ihnen rebelliert gegen Rom eine Frau;
die Zenobia beendet das Fronen.

Grandiose Siege gelangen der Kaiserin,
wie wir aus Geschichtswerken hören,
doch Roms Feldherr und Kaiser Aurelian,
ließ das reiche Palmyra zerstören.

Die schöne Zenobia schleppt‘ er hinfort,
wie es Rom vielen Helden getan.
Doch ewig geehrt sei Palmyras Kultur
und verachtet Romas Cäsaren-Wahn.

https://www.arte.tv/de/videos/073430-000-A/palmyra-unwiederbringlicher-wuestenschatz/

Die Brüche für harten Kalkstein liegen in Sichtweite ca. 12-15 km nordöstlich des antiken Palmyra. Sie erstrecken sich über mehrere Quadratkilometer in einem annähernd dreieckigen Gebiet von ca. 5,2 km × 3,5 km und 3,7 km. Entlang der Pisten zwischen den Brüchen und Palmyra liegen mehrere roh ausgearbeitete Werkstücke, die den Verlauf der Trassen rekonstruieren lassen, über die das Material nach Palmyra transportiert wurde. Ein verzweigtes Kanalsystem stellte die Wasserversorgung sicher: Auf der Kuppe des Hochplateaus oberhalb von Bruch 3 sind Sammelbecken aus den felsigen Grund herausgemeißelt, von denen aus das Regenwasser über Gräben und künstlich erweiterte Felsspalten ins Tal bis zu einer Zisternenmündung geleitet wurde. Dieses Wassersystem wird noch heute von den Beduinen genutzt und weiter gepflegt. Außerdem führen schmale, in den Fels geschlagene Rinnen das Wasser aus diesen Sammelbecken teilweise direkt bis in die heutigen Wohnhöhlen.

Weil es hier die einzigen Wasserquellen weit und breit gab, war der Ort sehr früh besiedelt worden, und schon vor Ankunft der Römer gab es hier einiges an Bautätigkeit. Im Jahr 64 vor Null annektierte der Feldherr Pompeius Syrien als römische Provinz. Als sich Roms Herrschaft dann im Kaiserreich von Tunesien bis Südengland, von Spanien bis zu Rhein und Donau, von der Normandie bis zum Nil erstreckte, wurde Palmyra ausgebaut, vor allem im zweiten und frühen dritten nachchristlichen Jahrhundert. In Palmyra sprach man nicht Lateinisch, sondern offiziell Griechisch oder Aramäisch und weitere orientalische Sprachen. Die Palmyrener beteten nicht Zeus oder Jupiter an, sondern den Gott Baal, mit dem man aber den römischen oder griechischen Göttervater identifizieren konnte. So unterschied sich die religiöse Situation radikal von der heutigen des islamischen alle gleichmachenden Einheitsterror. Fremde Götter wurden nicht bekämpft, sondern im Rahmen der hellenistisch-polytheistischer Toleranz eingemeindet, ähnlich wie im indischen Hinduismus. In Palmyra stand auch ein Tempel für Nabo, einen mesopotamischen Orakel- und Schriftgott - man setzte ihn mit dem Lichtgott Apollo gleich. Ein Multikult-Mischkessel war Palmyra nicht, jeder Stamm, jede Ethnie lebte und heiratete unter sich und zog die Kinder im eigenen Sinne auf. Wie unterschiedlich die einzelnen hier lebenden Rassen waren, die der gemeinsam errungene Wohlstand zur friedlichen Toleranz gemahnte, kann man an mehreren hunderten Portraitbüsten der Grabtürme (Hypogäen) ablesen. Vom hochschädligen, rundäugigen Griechen, Mazedonen, Italikern, Gallier- und Germanenstämmlinge oder rundköpfigen, mandeläugigen asiatisch-indischen Frauentypen und ägyptischen, aramäisch-babylonischen Schönheiten, sind alle Einschläge vorhanden. Die Frauen waren geachtete Herrinnen des Hauses und geradezu angebetete Personen, die von ihren Familien mit den ausgesuchtesten Schmuckartikeln und wertvollsten Gewandungen ausstaffiert wurden. Davon zeugen ihre wundervoll gesteinmetzten Abbildungen. Es sind die kulturellen Mischungen, welche die Kunst und das urbane Leben des antiken Palmyra so faszinierend machen. Man fand Frauenabbildungen bei denen der Saum des Dekolletees unterhalb der Brustknospen verläuft, was den italienischen Maler Michele Tosini (1503-1577) wohl bewogen hat, die Fürstin von Palmyra barbusig zu malen. Persische, ägyptische, babylonische und phönizische Bau- und Schmuckformen trafen auf hellenistische und römische Architektur und Skulptur. Sie zeigen markante Persönlichkeiten, mit aufwendigen Frisuren und feinem Schmuck. Und Textilien mit wunderschönen Mustern. Palmyra, die Palmenstadt, Oase zwischen Mittelmeer und Euphrat, war unter der Herrschaft der römischen Kaiser ein riesiger Umschlagplatz für Gewürze und Elfenbein aus Indien, Seide aus China, Wein aus Rhodos, Olivenöl aus Spanien, Sklaven von überallher. Unzählige Karawanen mit beladenen Kamelen zogen hier durch; eine örtliche Schicht von Kaufleuten wurde durch den Handel und die Zollgebühren sehr reich. Und das schlug sich in den Bauten der Stadt nieder, oder besser: Es wuchs empor. Die zentrale, beidseitig überdachte Säulenstraße, die im heißen Klima Schatten spendete, war mit 1,2 km lang. Im Theater, das sich gut erhalten hatte, boten Komödien und Kampfveranstaltungen mit Raubtieren Unterhaltung. Es gab prächtige Tempel zum Opfern und wohltuende Thermen zum Baden.

Septimia Zenobia (um 240 in Palmyra, gestorben 272/73 oder nach 274 in Rom) war von 267/68 bis 272 n.0 die Herrscherin Palmyras und des römischen Orients von Kleinasien bis Ägypten. Sie war die zweite Gemahlin des Exarchen der Oasenstadt Palmyra, Septimus Odaenathus. Ihr aramäischer Name lautete Bat-Zabbai. Nach Odaenathus’ Ermordung (267) dehnte Zenobia das palmyrenische Reich durch Eroberungen von unter römischer Herrschaft stehenden Ländern, so Arabien und Ägypten, weiter aus. Dies führte zum Konflikt mit dem römischen Kaiser Aurelian, der sie in einem Feldzug 272 n.0 besiegte. Aufgrund widersprüchlicher Quellenangaben ist unklar, ob sie auf dem Transport nach Rom starb oder die Reise dorthin überstand und in Italien weiterlebte. Aber am wahrscheinlichsten ist, dass die Gegnerin Roms nach entehrender Kerkerhaft erwürgt oder geköpft wurde, so wie es der römische Staat mit seinen gefangenen Feinden zu tun pflegte. Dass Zenobia Palmyra zu einer für Rom bedrohlichen Größe und wirtschaftlichen Blüte entwickeln konnte, macht sie zu einer der bekanntesten und bewundernswertesten antiken Frauengestalten.