Kleopatra VII. - Antiken-Sammlung, Berlin
 
KLEOPATRA
 
Unfassbar, verwirrend stellt es sich dar,
das Rätsel der klugen Kleopatra.
Welchen Zauber übte die zarte Frau,
nicht einer der Forscher weiß es genau.
 
Sie schlug die mächtigsten Römer in Bann,
sensationell, wie sie Cäsar gewann.
In den Teppich gewickelt legt man sie hin,
schlagartig gefesselt war Cäsars Sinn.
 
Und den Mark Anton lud sie an Bord
ihrer Luxusjacht, mit nur einem Wort.
Sie lag auf Kissen und sagte: „Komm !“,
der Kühne kam und folgte lammfromm.
 
Ganz klar, sie kannte Männer-Geschmack
und jeden erotischen Schabernack:
Durchsichte Seiden, gewürzter Wein.
Das kann es allein nicht gewesen sein !
 
Jene Männer haben die Welt gelenkt,
doch diesem Weibe die Macht geschenkt,
sie waren gefangen, wie hypnotisiert,
gleich einem der den Verstand verliert.
 
Die Kleopatra sicher, elegant und apart,
hellenisch gebildet, weißhäutig und zart.
Blond war sie, ein mazedonisches Kind,
völlig anders als die Ägypter sind.
 
Sie kam aus des Ptolemäus Geschlecht,
dem schien Ägypten als Beute recht,
er war Alexander des Großen Mann,
für Ägypten war er ein fremder Tyrann.
 
Welcher Art war des Fräuleins Magie,
welches Mittel ihr solche Gewalt verlieh,
womit sie stärkste Helden bezwang ?
Das kündet kein Zeugnis, kein alter Sang.
 
Kleopatra blieb sich nur selbst gewiss,
freiwillig starb sie am Kobra-Biss.
Allein den sie liebte der genoss ihre Kraft,
ganz zweifelsfrei war sie zauberhaft.
 
 
Kleopatra VII. Philopator (69-12 v.0) herrschte als letzte Königin des ptolemäisch regierten Ägypten. Sie galt ihren Untertanen als Pharaonin. Die kluge Frau versuchte ihr Reich zu festigen und auszubauen, was zu ihrer Zeit aber ohne Mitsprache der römischen Weltmacht nicht möglich war. Das war ihre Motivation, die mächtigsten Römer für ihre Ziele zu gewinnen. Zuerst zog sie Gaius Julius Cäsar in ihre Schlingen, nach dessen Ermordung gelang ihr ein gleiches mit dem Feldherrn Markus Antonius. Dessen Niederlage gegen den späteren Kaiser Augustus  bedeutete das tragische Ende ihrer Herrschaft. Kleopatra und Antonius begingen Selbstmord, und Ägypten wurde eine römische Provinz. Kleopatra hatte eine ausgezeichnete Bildung genossen, ihre Muttersprache war natürlich Griechisch, aber sie beherrschte Ägyptisch, Äthiopisch, Nubisch, Hebräisch, Arabisch, Syrisch, Medisch, Parthisch und weitere Mundarten, wie Plutarch angab. Sie soll die erste Frau der mazedonischen Oberschicht gewesen sein, die sich herabließ, die ägyptische Sprache des einfachen Volkes, zu erlernen. Gerhard Herm schildert in seinem grandiosen Geschichtswerk „Die Diadochen“, S. 388, nach authentischen Berichten des Plutarch, die erste Begegnung der ptolemäischen Prinzessin Kleopatra mit dem mächtigen römischen Heerführer Markus Antonius folgendermaßen: „Am Tag ihrer Ankunft sitzt der Römer auf dem Marktplatz und hält Gericht. Plötzlich läuft alles Volk davon, zum Hafen hinab. Aber die Aufregung der Leute ist verständlich. Den Pydnos-Fluss herauf fährt ein Schiff mit vergoldetem Heck, mit ausgespannten purpurnen Segeln, unter dem Klang von Zithern, Flöten und Schalmeien. Sklavinnen von ungemeiner Schönheit, wie Nereiden oder Grazien gekleidet, an den Steuerrudern und an den Tauen. Von dem vielen angezündeten Räucherwerk verbreiten sich an beiden Ufern die schönsten Wohlgerüche. Es ist nichts weniger als  eine großangelegte strategische Operation, die hier abläuft. Kleopatra, Angriffsspitze und Hinterhalt zugleich, liegt unter einem reichverzierten Baldachin, geschmückt und gekleidet, wie man Aphrodite zu malen pflegt, also eingehüllt in ein Minimum an durchsichtigem Stoff. Sie hat gerade ein Alter erreicht, in dem die Schönheit der Frauen am herrlichsten erblüht, ihr Verstand zu völliger Reife gediehen ist (sie zählte 28 Jahre). Antonius fordert die Ägypterin auf, an Land zu kommen. Sie antwortet mit einer Gegeneinladung. Als Herr des Ostens hätte er daraufhin bewaffnete Boten schicken können. Statt dessen kommt er allein. Stunden später hat der Osten eine Herrin.“