Lotus
 
LOTOS-NACHT
 
Wenn du deine Glieder öffnest,
blendet deiner Schönheit Pracht,
ruft dein Kelch der Lotosblüte:
„Sink’ mir zu in dieser Nacht !

Komm' zu mir in meine Welt,
küsse meinen Blüten-Mund,
sei geführt durch Märchenlande,
liebe dir dein Herz gesund !“


Und der rote Lotos leuchtet,
schwimmt auf einem dunklen See,
in dem spiegeln sich die Sterne,
wie des Menschen Glück und Weh.

Alle Himmelszeichen kreisen,
um der Erdenmutter Bitte,
die gleich glühendem Rubin,
strahlt aus ihres Lotos Mitte.

Leicht ist es, der Glut verfallen,
schwer wird es, zu widersteh’n -;
in der Mutter Grund zu sinken,
heißt am Ende aufersteh’n.

Ist der Eingang ja ein Aufgang,
lehrt der Lotos doch das Leben -;
sink’ ich in die Blütentiefen,
darf ich nehmen, darf ich geben.

Wenn du deine Glieder öffnest -
dir, Geliebte, dank’ ich alles -,
schenkst den Lotos deines Leibes,
meines Glück- und Segen-Falles.
 
21.12.2012
 
Die Lotosblüte gilt als verklärendes Gleichnis für die weibliche Scham, sie galt im antiken Orient als Sinnbild der Reinheit u. Schönheit, im Buddhismus als Sinnzeichen der Religion. In Homers Odyssee wird die Region von Oberägypten erwähnt, in der die Lotophagen leben würden welche die Lotospflanze essen, die eine drogenähnliche Wirkung habe: Wer nun die Honigsüße der Lotosfrüchte gekostet, der dachte nicht mehr an Kundschaft oder Heimkehr, sondern sie wollten immer in der Lotophagen-Gesellschaft bleiben und Lotos pflücken und ihrer Heimat entsagen. Auch Herodot berichtete insbesondere über den süßlichen Wohlgeschmack der Lotoswurzel. In einem Papyrustext heißt es: „…dass mir Süße gegeben werde, dass mir Liebe gegeben werde, von den Öffnern des Hauses, von den Lotosessern.“