Illustration von 1557 im Buch von Hans Staden;
er selbst im Hintergrund die Hände ringend.
 
 
MENSCHENFRESSER
 
Menschenfresser gibt es ja
nicht allein in Afrika,
auch in Brasilien gab es sie
und in der Südsee da und hie.
 
Hierzulande war‘s nie Brauch,
zu fressen einen Menschenbauch,
trotzdem gab es auch sogar
hier eine Kannibalen-Schar.
 
Die war’n so irr wie kriminell,
pervers und hypersexuell,
total abnorm auf jeden Fall,
sie hatten also einen Knall.
 
Woanders ging es anders zu,
man schätzte Frauenbein-Ragù,
was ich viel lieber roh genoss
da anstatt Blut der Rotwein floss.
 
Wir schätzen eher Hühnerbein,
‘ne Rindswurst soll zur Suppe rein,
sind Mädels noch so appetitlich,
sie zu fressen ist unschicklich.
 
Andere Länder, andere Sitten,
die Regel gilt als unbestritten,
wir lassen jedem was ihn bannt,
denn wir sind doch tolerant !
 
Der Hesse Hans Staden aus Homberg an der Efze war der Erste der nach seinen Erlebnissen in Brasilien die dortige Menschfresserei der Indios anschaulich beschrieb. Staden war „Büchsenschütze“, Kanonier also, und damit ein gesuchter Experte. Vor allem Deutsche hatten da einen europaweiten Ruf. Der Historiker Jürgen Pohle beziffert den Anteil der Deutschen unter den Bombardeiros, wie die portugiesischen Artilleristen genannt wurden, auf über 30 Prozent. Im März 1557 erschien Stadens Buch in Marburg über das südamerikanische Land, von dessen Existenz man in Europa erst seit 50 Jahren eine ungenaue Ahnung hatte. Der Titel lautete: „Die wahrhaftige Historia und Beschreibung eines Landes der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser“. Der blonde Hans war selbst längere Zeit in den Fängen der Kannibalen, doch sie verspeisten lieber ihre Feinde, die dunkelhaarigen Portugiesen, während Staden so sehr viel anders aussah als die dort üblichen Menschen, so dass sie ihn verschonten und ihm - dem hellhaarigen, hellbärtigen und blauäugigen Mann - sogar eine Art Achtung entgegen brachten. Was die „Wilden“ vom  Stamme der Tupinamba nach seiner Gefangenschaft anfangs mit ihm vorhatten, war ihm schnell klar: sie wollten ihn aufessen. Staden musste zusehen, wie sie Gefangenen den Schädel einschlugen, dass „das Hirn heraussprang“, sie zerteilten und brieten. Ein gefangener Indianer vom Stamm der Cario sei erkrankt, die Tupinambá-Indianer hätten ihn daraufhin massakriert: „Sofort nehmen die Frauen den Toten, ziehen ihn über das Feuer, kratzen ihm die ganze Haut ab [...]. Wenn die Haut abgeputzt ist, nimmt ein Mann ihn und schneidet ihm die Beine über den Knien und die Arme am Leibe ab. [...] Danach trennen sie den Rücken mit dem Hintern vom Vorderteil ab. Das teilen sie unter sich. Die Eingeweide behalten die Frauen. Sie sieden sie, und mit der Brühe machen sie einen dünnen Brei, Mingáu genannt, den sie und die Kinder schlürfen [...]. Das alles habe ich gesehen, und ich bin dabei gewesen.“ Neun Monate verbrachte er unter den Tupinamba, lernte ihre Sprache. Sein Buch enthält sogar 150 ihrer Ausdrücke.
 
In einem Focus-Artikel heißt es: Auch aus anderen Weltgegenden gab es Hinweise auf kannibalistische Praktiken. Der britische Seefahrer James Cook und Teilnehmer seiner zweiten Südseereise berichteten im 18. Jahrhundert davon, dass Angehörige der Maori auf Neuseeland besiegte Feinde zerstückelt und verzehrt hätten. Eine Kriegstaktik, die noch heute angewandt wird, etwa von den Protagonisten der andauernden Bürgerkriege im Zentrum Afrikas. „Kannibalismus soll hier vor allem Furcht und Schrecken verbreiten“, sagt Helbling. Der Verzehr von Menschenfleisch werde - ganz rational - als Mittel der psychologischen Kriegsführung eingesetzt. Gegner würden allein schon durch die grausigen Gerüchte demoralisiert. In großem Umfang müssten kannibalistische Praktiken dann gar nicht mehr eingesetzt werden. Allerdings gelte umgekehrt auch: „Ohne reale Grundlage würde kein Gerücht entstehen.“ Ob in Afrika heute noch ritueller Kannibalismus existiere, sei schwer zu sagen, meint Helbling. „Ich würde das aber nicht ausschließen.“ Das Ziel solcher Bräuche sei in jedem Fall - wie auch bei den Fore und Yanomami - den verehrten Toten körperlich ganz nahe zu sein.
 
Hunderte essen Menschenfleisch - Kannibale: „Kein Hunger mehr“
 
Dass Kannibalismus in Afrika auch zu therapeutischen Zwecken Anwendung findet scheint ein bisher nicht bekannter Brauch zu sein. Ein südafrikanischer sogenannter Heiler meldete sich im August 2017 bei der Polizei und präsentierte den überraschten Beamten eine Hand und ein Bein einer Frau, die er in der Tasche hatte. Er erklärte, er sei Kannibale, aber er wäre es jetzt leid, Menschenfleisch zu essen; er möchte damit zukünftig aufhören. Was sich in einem kleinen südafrikanischen Dorf ereignet haben soll, klingt ebenso unfassbar wie erschreckend: In einem Dorf bei Estcourt in der Provinz KwaZulu-Natal wurden zunächst drei Männer im Alter von 22, 29 und 32 Jahren verhaftet, weil sie eine Frau vergewaltigt, ermordet, zerstückelt und gegessen haben sollen. Laut „Daily Mail“ soll es sich bei den verhafteten Männern um so genannte Nyangas, also traditionelle Medizinmänner handeln. Diese geben an, dass Kannibalismus Teil ihrer Behandlung sei. Doch damit nicht genug: Als der Bürgermeister die 971 Bewohner des Dorfs zu einer Versammlung lud, um über die Vorfälle aufzuklären, räumten Hunderte Dörfler ein, bei den Heilern in Behandlung gewesen zu sein. Dies, so das Versprechen der Medizinmänner, sollte ihnen Gesundheit und Reichtum bescheren. Weil sie niemanden töten wollten, hätten sie Leichen auf dem Friedhof ausgegraben.
 
„Ich habe es satt, Menschenfleisch zu essen“, gab er zu Protokoll. Bei der Durchsuchung seines Hauses fanden die Ermittler weitere Leichenteile. „Es müssen aber noch viel mehr Opfer sein“, so ein Polizist. Menschliche Überreste wurden an einem Tatort in Estcourt und an einem anderen Tatort in Amangwe gefunden. Während die Medizinmänner nun wegen Mordes angeklagt werden sollen, werden die 300 Dörfler wohl ohne Strafe davon kommen: Der Verzehr von Menschenfleisch ist in Südafrika nicht strafbar. Die Polizei vermutet, dass es sich um eine größere kriminelle Vereinigung handeln könnte, deren Mitglieder mit Menschenfleisch handeln. „Wer Familienmitglieder vermisst, soll sich dringend melden“, so Polizeisprecherin Mbhele.
 
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Die ‚Encyclopedia of Modern Murder‘ (Wilson & Seaman: London 1983) vermerkt resümierend, dass „gerade eine Kombination aus Blödheit und tierischer Verschlagenheit es erlaubte, dass einer der schlimmsten Serienkiller Deutschlands ungehindert mehr als zwanzig Jahre tätig sein konnte“, gemeint ist Joachim Kroll, der Kannibale von Duisburg, mit einem IQ von nur 76. Andere Kannibalen waren der Hannoveraner Fritz Heinrich Haarmann, Carl Großmann und Karl Denke. In jüngerer Zeit wurde Armin Meiwes bekannt, der „Kannibale von Rotenburg“.