Selbstgeißler - Abb. aus dem 15. Jahrhundert
 
DEUTSCHE FLAGELLANTEN
 
 
Der Irrsinn hat die Eigenschaft,
dass er sich neue Formen schafft !
Er wirkt so wie ein Haufen Mist,
der meister Maden Mutter ist.
 
Zwei wüste Haufen weiß die Welt,
die Maden-Massen wohl gefällt:
Der Monotheismus ist gemeint
mit dem Marxismus eng vereint.
 
Maden schwarz und Maden rot,
gedeihen drall in Dreck und Kot.
Und alle Maden sind sich gleich,
sie mästen mittels Mist ihr Fleisch.
 
Monotheisten und Marxisten
gebrauchen beide Lügen-Listen,
von einem Gott, von einem Buch,
als der Menschen doppelter Fluch.
 
Ob „Bibel“ oder „Kapital“,
sind der Vernunft die gleiche Qual,
sie laden zum Prokrustesbett,
wo uns der Dämon gerne hätt‘.
 
Wer auf den beiden Betten liegt,
den hat der Wahnsinn bald besiegt,
dem wird das eigene Leid zur Lust,
schlägt „Mea culpa“ an die Brust.
 
Schlägt sich den Leib als Flagellant
steckt auch sein Eigenheim in Brand,
reißt seine Tür‘ wie Grenzen auf
und grüßt des Chaos irren Lauf.
 
Der Chaos-Geist, der das ersann,
sitzt im Café, gleich nebenan,
scheint harmlos-arglos im Gesicht,
sein krankes Hirn erahnst du nicht !
 
 
Man kennt sie aus dem Geschichtsunterricht, die Selbstgeißler, Flagellanten, Büßer. Verwirrte Menschen, verlorene Seelen, die mit dem Leben, mit ihrem Leben nicht zurechtkamen, fortliefen, sich in Gruppen zusammenfanden, von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf ziehend, bettelnd (oder auch mal plündernd), die sich selbst den blanken Rücken peitschten, bald aber auch jene, die es ihnen nicht gleichtun wollten, peitschten, und dabei in die „siebenschwänzige Katze“ noch Knoten einflochten, damit es besonders schmerzte.
 
Und was haben wir heute ? Wo sind sie hin, die Flagellanten ? Ausgestorben sind sie nicht. Natürlich schlagen sie sich auch nicht mehr öffentlich selbst; das ist zu sehr aus der Mode. Mit Gott und Religion hat ihr Wüten heute auch nicht mehr unbedingt zu tun; auch das ist nicht mehr der zeitgemäße Bezugsrahmen. [Hierin irrt der Autor, mit falsch verstandenem Gott, mit irrer Religion und Politik hat das alles sehr viel zu tun !]
 
Heute sind es die, die erst sich selbst und dann allen anderen die Freude am Leben vergällen wollen. Wer sich des Lebens erfreut, ist ein schwacher Mensch, und das, was den Menschen Freude macht, ist des Satans! Beziehungsweise, in heutiger Diktion: ist ethisch verwerflich.
 
Als Mann einer Frau nachzusehen - ethisch verwerflich. Eine Zigarre zu rauchen - ethisch verwerflich. Mit dem Auto zu fahren – ethisch verwerflich (es sei denn, es ist eine Minidose ohne CO2-Ausstoß). CO2 ist verwerflich (dabei ist kein Leben auf der Erde ohne CO2 möglich). Am Veggie-Day ein Schäufele zu essen – verwerflich. Abends mal ein Viertel Wein mehr zu trinken als vom Arzt verordnet – verwerflich. Eine Flugreise zu machen – verwerflich (es sei denn, die Reise geht zum Weltklimagipfel nach Südafrika oder so). Eine Tüte Chips zu essen - ethisch verwerflich. Homöopathische „Heilmittel“ abzulehnen - ethisch verwerflich. Sich etwas anzuschaffen, was man zwar nicht dringend braucht, aber eben einfach haben will - ethisch verwerflich. Nicht glücklich darüber zu sein, wenn das eigene Kind in eine Schule kommen soll, in der Bildung „vergesellschaftet“ wird, statt dass die Kindern nach ihrer Leistungsfähigkeit gefördert werden - verwerflich. Einmal für einen Espresso nach Rom zu fliegen - ethisch verwerflich. Eine andere Meinung zu vertreten als die Gutmenschen - ethisch verwerflich. Auszubildende als Lehrlinge zu bezeichnen oder die Agentur für Arbeit als Arbeitsamt: verwerflich. Gegen ein Übermaß an Umverteilungs-Ungerechtigkeit zu sein - verwerflich. Die SEDPDSLinkspartei nicht mit romantischer Verklärung zu betrachten, sondern als die aus Ruinen auferstandenen Stasi-Gründer und Altstalinisten - verwerflich. Die Tomatenmarkdose nicht gründlich zu spülen, bevor man sie brav in den gelben Sack gibt - verwerflich. Einen Pelz zu tragen - schlimmstens verwerflich.
 
Eigentlich ist in den Augen mancher, die bei uns viel zu viel öffentliche Wahrnehmung erfahren, so vieles verwerflich, was Freude bereitet, was einfach mal Spaß macht, was unvernünftig ist - und auch vieles, was an sich gut und richtig ist, aber die Diktatur des angeblich guten Gewissens (der anderen) stört.
 
Erstaunlich ist am Menschen als solchem immer wieder, dass er es wohl nicht schafft, ohne solche irrwitzigen Moden auszukommen. Die Menschen wechseln leicht mal das Objekt ihres Fanatismus - aber sie geben nicht ihren Fanatismus auf. Das Objekt, auf das er sich bezieht, mag wechseln. Aber er selbst - er bleibt.
 
Man erkennt sie daran, dass sie immer anderen vorschreiben wollen, wie man zu leben hat. Ich weiß nicht wirklich, was diese Menschen treibt; es ist mir in gewisser Weise auch gleichgültig, denn man lässt sich schon fast zu weit auf sie ein, wenn man das intensiv erforscht. [Was die Menschen zum menschenverachtenden Vorschriften-Fanatismus treibt ist mir in seinen beiden Hauptausprägungen klar: christlicher und islamischer Starrsinn, basierend auf Bibel/Koran-Monotheismus und dem dialektischen Gulag-Marxismus.]
 
An den falschen Mitteln erkennt man sie, immer und überall. Es gibt sie in allen politischen Spektren, es gibt sie in alt und in jung, in männlich und in weiblich. Was ihnen gänzlich abgeht, ist Toleranz. Die Rede ist nicht von dümmlicher Toleranz, die eher unter dem Motto „is mir doch wurscht“ zu subsumieren ist - die Rede ist von wirklicher Toleranz. Die steht eher unter dem Motto: „Es passt mir zwar gar nicht, was Du da tust. Aber weil Du ein freier Mensch bist wie ich, hast Du das Recht, Dein Leben nach Deiner Façon zu gestalten, und ich habe kein Recht, Dir Vorschriften zu machen“. Leben und leben lassen, die Libertas Bavariae - ist das denn so schwer ? - von André Freud -